Missbrauchsstudie: Kirchenpräsidentin spricht von Schuld der Kirche

Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierte Kirche, Susanne Bei der Wieden, hat erschüttert auf die am Donnerstag veröffentlichten Ergebnisse der sogenannten ForuM-Studie zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der evangelischen Kirche reagiert. „Da ist die tiefe Scham über das Leid, das Menschen in unserer Kirche angetan worden ist“, sagte sie am Donnerstag in Leer. „Wir können das nicht nachempfinden – es auch nur zu wollen, wäre vermessen.“

Die reformierte Kirche hat der Kirchenpräsidentin zufolge für die Studie sämtliche Personalakten von Pfarrern und Pfarrerinnen, die zwischen 1946 und 2020 in einem Dienst- oder Ruhestandsverhältnis standen, auf Hinweise von sexualisierter Gewalt gegenüber Minderjährigen überprüft. Zehn Fälle sexualisierter Gewalt, in denen eine Person verdächtigt oder beschuldigt worden sei, seien an den Forschungsverbund der Studie gemeldet worden. 13 betroffene Personen seien mit diesen Fällen verbunden.

Die ForuM-Studie liefert dem Forschungsverbund zufolge „deutliche Belege“ für ein hohes Ausmaß sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und diakonischen Werken. Die Rede ist von bundesweit 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern. Das Durchschnittsalter der Betroffenen bei der ersten Tat lag bei ungefähr 11 Jahren. Dies sei aber nur „Spitze der Spitze des Eisbergs“, hieß es. In einer Hochrechnung, die aus Sicht des Forscherteams mit „sehr großer Vorsicht“ betrachtet werden muss, ergäbe sich eine Zahl von insgesamt 9.355 Betroffenen bei geschätzt 3.497 Beschuldigten.

Bei der Wieden betonte, sie sei wütend auf jene, die ihre Ämter zur Befriedigung der eigenen Macht missbraucht hätten. „Sie haben ihr Amtsversprechen gebrochen, das sie vor Gott und der Gemeinde gegeben haben.“ Über die mutmaßlichen Täter hinaus trage auch die Institution Kirche Schuld am Leid der Betroffenen. Sie habe im Umgang mit sexualisierter Gewalt versagt. Die Kirche müsse nun alles daran setzen, in Zukunft sexualisierte Gewalt zu verhindern.

Die Evangelisch-reformierte Kirche habe Anfang 2023 eine Fachstelle für die Prävention von sexualisierter Gewalt eingerichtet, sagte die Kirchenpräsidentin. Inzwischen sei in 21 Gemeinden eine Basis-Schulung erfolgt. Ziel sei es, bis Ende 2024 auf allen kirchlichen Ebenen Konzepte zur Prävention etabliert zu haben.