Missbrauchsschutz-Experte Zollner: Kirchen können Vorbild sein

Menschen mit Behinderung sind einem größeren Risiko von sexuellem, körperlichen oder psychischen Missbrauch ausgesetzt. Die Kirchen können bei ihrem Schutz Vorbild sein, sagt der Anti-Missbrauchs-Experte Hans Zollner.

Laut dem Anti-Missbrauchs-Experten Hans Zollner könnten die Kirchen Vorbild beim Schutz behinderter Menschen sein. Als Träger vieler Einrichtungen für Menschen mit Behinderung seien sie ein großer Player in diesem Feld, sagte der Psychologe und Jesuit am Freitag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom. Was immer sie für diese Menschen und ihre Sicherheit tun, habe eine Vorbildfunktion beziehungsweise könne auf den gesamten Sektor einwirken – auch auf all jene anderen nicht-kirchlichen oder nicht-christlichen Institutionen, sagte Zollner.

Besonderes Augenmerk liege dabei auf Überlegungen, wie behindertengerechte Meldewege etabliert werden können, so Zollner. In Deutschland und anderen westlichen Ländern gebe es zwar viele Wege und Stellen, solchen Missbrauch auch von Seiten der Menschen mit Behinderung selbst anzuzeigen. Aber de facto funktioniere das zu selten, weil sie oft aus der Perspektive von Menschen ohne Behinderung gedacht beziehungsweise daran angepasst seien, betonte der Leiter des Instituts zum Schutz vor Missbrauch der Päpstlichen Universität Gregoriana (IADC).

Seine Einrichtung hatte von Mittwoch bis Freitag die “International Safeguarding Conference” in Rom organisiert. Schwerpunkt der Beratungen von knapp 250 Fachleuten aus 55 Ländern war in diesem Jahr der Schutz von Menschen mit Behinderung. Laut Statistiken seien diese einem höheren Risiko ausgesetzt, sexuell, körperlich oder psychisch missbraucht zu werden, erklärte Zollner den Hintergrund.

“Wir wissen von anderen Betroffenen von Missbrauch, dass es schon schwer ist, überhaupt darüber zu kommunizieren, dass etwas Schreckliches geschehen ist”, so Zollner. Umso mehr sei es dann bei Menschen mit Behinderung eine Herausforderung, sie einerseits wissen zu lassen, dass es Dinge gebe, die nicht angemessen seien, weil sie ihre Würde verletzten. Und andererseits, dass sie das so äußern und sich an die entsprechenden Stellen oder Personen wenden sollten, damit das wahrgenommen und entsprechend darauf reagiert werde.

Bereits seit 2004 treffen sich Fachleute jährlich, um über einen besseren Schutz von Menschen in der katholischen Kirche zu beraten. Zunächst von verschiedenen Bischofskonferenzen veranstaltet, beteiligt sich Zollners Institut seit 2015 an der Organisation der Konferenz. In diesem Jahr ist es zum vierten Mal alleiniger Ausrichter.