Missbrauchsfall in Kirche: Kommission sieht schwere Versäumnisse

„Man kann es nicht anders nennen als Vertuschung“: Eine Kommission erhebt schwere Vorwürfe zu einem Fall von Missbrauch in einer Gemeinde bei Osnabrück.

Einen Fall von Missbrauch in einer Gemeinde bei Osnabrück hat die Kommission untersucht
Einen Fall von Missbrauch in einer Gemeinde bei Osnabrück hat die Kommission untersuchtImago / Christian Ohde

In einem Fall von schwerem sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirchengemeinde Oesede bei Osnabrück durch einen angehenden Diakon in den 1970er Jahren hat eine Aufarbeitungskommission schwere Versäumnisse festgestellt. Neben der Betroffenen, die den Fall im Oktober 2021 unter dem Pseudonym Lisa Meyer öffentlich gemacht hat, habe es mindestens sieben weitere gegeben, sagte der Jurist Wolfgang Rosenbusch bei der Vorstellung der Studie in Hannover.

Einige der Taten hätten verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen in der Kirchengemeinde eingeschritten wären, erläuterte der frühere Vorsitzende Richter am Landgericht Hannover als Mitglied der unabhängigen Kommission. Stattdessen sei der Beschuldigte durch den damaligen Pastor und den Kirchenvorstand geschützt worden. Den Opfern im Kindesalter habe niemand geholfen. „Man kann es nicht anders nennen als Vertuschung.“

Betroffene übt Kritik

Die Untersuchung kritisiert wenige Wochen nach der Präsentation der großen sogenannten Forum-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland auch das Verhalten der Landeskirche, nachdem sich Lisa Meyer im Jahr 2010 an diese gewandt hatte. Damals hatten die Verantwortlichen im Landeskirchenamt die Kirchengemeinde nicht informiert. Die Hamburger Professorin für Soziale Arbeit, Christa Paul, als Leiterin der Kommission nannte dies „ein erhebliches Versäumnis“, weil eine „zeitnahe Aufarbeitung deswegen unterblieben ist“.

Lisa Meyer saß bei der Vorstellung der Studie im Publikum und kritisierte, sie sei bei deren Erarbeitung als Betroffene nicht hinreichend beteiligt gewesen. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister nahm ein Exemplar der Studie entgegen, die der Kirche nach eigenen Angaben bis zum Zeitpunkt der Präsentation nicht bekannt war. Die Landeskirche will sich in rund zwei Wochen zu den Ergebnissen äußern.