Die im Frühjahr eingerichtete Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen will die kirchlichen und diakonischen Strukturen in den Blick nehmen. Dabei gehe es besonders um den administrativen Umgang mit den Betroffenen, erklärte der Vorsitzende der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) West, Horst Bien, am Montag vor der westfälischen Landessynode in Bielefeld.
Außerdem wolle sich die Aufarbeitungskommission um sogenannte Anerkennungsverfahren kümmern, die zur Auszahlung von Entschädigungen geführt haben. „Wir werden Fragen stellen, die beantwortet werden müssen“, sagte der frühere Generalstaatsanwalt. Dazu sei die Mitarbeit der beteiligten Landeskirchen und diakonischen Einrichtungen nötig. Fragen seien engagiert beantwortet worden. Trotzdem werbe er für eine nachhaltige Unterstützung der Aufarbeitungskommission. Die Arbeit könne nur erfolgreich sein, wenn gemeinsam Verantwortung übernommen werde.
Die URAK West ist eine von deutschlandweit neun regionalen Aufarbeitungsgremien, die sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie aufarbeiten. Aufgaben dieser Kommissionen sind unter anderem, Fälle sexualisierter Gewalt zu erheben, Ursachen für Missbrauch aufzudecken und den Umgang mit Betroffenen der Gewalt zu analysieren. Die Kommission für den Verbund West ist für die Bereiche der rheinischen, westfälischen und lippischen Landeskirche zuständig und mit einer eigenen Geschäftsstelle bei der Diakonie RWL angesiedelt.
Die Beteiligung Betroffener sei zentraler Bestandteil der unabhängigen Aufarbeitung. „Ihre Stimmen, Erfahrungen und Forderungen müssen gehört und berücksichtigt werden“, unterstrich Bien. Nur so könne dem Anliegen einer umfassenden Aufarbeitung genüge getan werden. Deshalb gehören auch jeweils zwei Vertreter aus dem Kreis der betroffenen Personen der Kommission an. So werde garantiert, dass die Sichtweise der Opfer sexualisierter Gewalt und ihre Erfahrungen unmittelbar berücksichtigt werden könnten. Das Thema Aufarbeitung sollte am Montag in Workshops auf der Synode weiter behandelt werden.
Bien betonte auch die Notwendigkeit einer unabhängigen Arbeit der Kommission. Die Evangelische Kirche und die Diakonie hätten sich der Aufgabe gestellt, dieses Unrecht nicht zu verschweigen, sondern sich der gesellschaftlichen Diskussion zu stellen. Eine Aufarbeitung könne jedoch nur gelingen, wenn sie transparent und vor allen Dingen unabhängig sei.