Missbrauch: Kirchenkreis bittet Betroffene um Entschuldigung

Nach der veröffentlichten Studie über Missbrauch in der evangelischen Kirche hat der Superintendent des Kirchenkreises Lüdenscheid die betroffenen Personen um Entschuldigung gebeten. Das Leid lasse sich kaum ermessen, geschweige denn ungeschehen oder wiedergutmachen, sagte Superintendent Christof Grote am Freitag in Lüdenscheid. Durch die im Jahr 2020 bekannt gewordenen „entsetzlichen Vorfälle sexualisierter Gewalt“ in einer Lüdenscheider Kirchengemeinde stehe der Kirchenkreis in besonderer Weise im Fokus.

Damals waren Anschuldigungen des Missbrauchs gegen einen ehrenamtlichen Mitarbeiter öffentlich geworden, der in einer Jugendgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Brügge und zuvor im CVJM Lüdenscheid-West tätig gewesen war. Der Beschuldigte beging Suizid. Zuvor war er von allen ehrenamtlichen Tätigkeiten entbunden und ihm ein Hausverbot erteilt worden.

Grote verwies darauf, dass im März zu diesen Vorfällen eine gesonderte Studie erscheinen werde. Zudem seien alle Mitarbeitenden nach den Vorgaben des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt verpflichtet, erweiterte Führungszeugnisse vorzulegen. Im Jahr 2021 sei eine Präventionskraft eingestellt worden, die den Bereich der Prävention koordiniere und als Ansprechpartnerin für Gemeinden bei der Erstellung von Schutzkonzepten zur Verfügung stehe. Mehrere Multiplikatorinnen schulten zudem Mitarbeitende in Präventionsschulungen.

„Wir dürfen hier nicht die Augen vor der bitteren und schlimmen Wahrheit verschließen, dass es sexualisierte Gewalt und andere Missbrauchsformen bei uns gegeben hat und auch wieder geben kann“, sagte der Superintendent weiter. Darum müsse alles getan werden, „dass unsere kirchlichen Räume möglichst sichere Räume für alle sind“. Deshalb würden alle Strukturen im Kirchenkreis sehr genau überprüft, würden alle Mitarbeitenden geschult. Alle Aussagen von betroffenen Personen würden ernst genommen.

Mit Blick auf die am Donnerstag vorgestellte Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie äußerte sich der Superintendent „zutiefst erschüttert, zutiefst betroffen und zutiefst beschämt“ über die vielen Fälle. Zudem habe die Studie gezeigt, dass es sich hier nicht nur um schlimme Einzelfälle handele, sondern um „ein an vielen Stellen ganz grundsätzliches Versagen“.

Nach der am Donnerstag in Hannover veröffentlichten ForuM-Studie gab es in der evangelischen Kirche und Einrichtungen der Diakonie weit mehr sexualisierte Gewalt als bislang angenommen. In der Studie ist die Rede von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern. Erstellt wurde sie von einem unabhängigen Forschungsverbund im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).