Missbrauch in der Landeskirche Hannovers: Bischof bleibt im Amt

Die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Hannovers schlägt hohe Wellen. Zuletzt hatte eine Betroffene den Rücktritt von Landesbischof Ralf Meister gefordert. Der aber bleibt.

Belegte Stimme, gefaltete Hände: Landesbischof Ralf Meister ist nicht zurückgetreten.
Belegte Stimme, gefaltete Hände: Landesbischof Ralf Meister ist nicht zurückgetreten.epd bild/Jens Schulze

Nicht alle Tage steht der Rücktritt eines Landesbischofs im Raum. Und so war die Spannung vor der Pressekonferenz groß, in der die Landeskirche Hannovers Konsequenzen aus den Ergebnissen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Oesede von mindestens acht Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirchengemeinde Oesede bei Osnabrück bekannt geben wollte. Sollte dazu auch ein Rücktritt gehören, wie ihn eine Betroffene gefordert hat?

Mit belegter Stimme räumte Landesbischof Ralf Meister erneut institutionelle Fehler der Landeskirche Hannovers im Umgang mit sexualisierter Gewalt ein und kündigte weitere organisatorische Konsequenzen an, darunter eine Aufstockung der Fachstelle Sexualisierte Gewalt. Doch vor allem sprach er über Fehler, die er selbst begangen hatte. „Die Aufgabe, in der ich stehe, ist sehr komplex“, erklärte sich der Landesbischof. Er habe sein Gewissen geprüft und in Abschätzung all dessen, was er getan habe, eine Entscheidung gefällt. „Ich will im Dienst bleiben“, sagte Ralf Meister schließlich, der seit 2011 Landesbischof ist.

Kontakte mit Betroffenen an Juristen delegiert

Zu diesen Fehlern zählte er unter anderem, dass er nicht mit der Betroffenen gesprochen habe, die die Aufarbeitung in Oesede ins Rollen gebracht hatte. „Das war der erste Fehler, den ich eingestanden habe“, sagte Meister, der seit 2020 Kenntnis der Missbrauchsfälle in Oesede hatte und sich „in gewissen Monatsabständen“ informieren ließ. „Mein Eindruck war, es ist in den richtigen Händen.“

 

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Als Begründung seines Verhaltens verwies er auf eine grundsätzliche Entscheidung des Leitungsgremiums des Landeskirchenamtes aus dem Jahr 2011, alle Kontakte mit den Betroffenen an das juristische Dezernat zu delegieren. „Ich war damals davon überzeugt, dass dieser Weg hilfreicher sei.“ Doch diese Entscheidung sei „unsensibel und falsch“ gewesen. „Ich habe dazu beigetragen, dass Betroffene nicht gehört wurden“, so der Landesbischof. Unterdessen habe er jedoch mit Betroffenen gesprochen und stehe zu Gesprächen bereit.

Landesbischof hat keine geistliche Oberhoheit

Zur Sprache kam in dem Zusammenhang auch die Aufgabe des Landesbischofs bei den seelsorgerlichen Aspekten von sexualisierter Gewalt. „Es gibt keine geistliche Oberhoheit des Landesbischofs“, stellte Meister klar. Ebenso wie Entscheidungen in der Landeskirche kollegial getroffen würden, so sei er nicht der einzige Zuständige bei geistlichen Themen. „Das ist auch Aufgabe der ordinierten Pastoren.“

Als weitere Rechtfertigung nannte Ralf Meister seine weitreichende Entschuldigung vor der Synode der Landeskirche Hannovers aus dem Jahr 2021. „Das war eine Reaktion auf den Umgang mit Lisa Meyer“, so der Landesbischof. Und so habe er vor einem Glaubwürdigkeitsverlust der Landeskirche keine Sorge. „Das liegt nicht in meiner Hand“, betonte der Landesbischof. Zudem erhalte er viel Zuspruch. „Wenn von der Synode und anderen ein anderes Signal käme, dann würde sich eine neue Situation ergeben.“