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Migrationsberatung: Hilfe beim Ankommen mit Geduld und Mitgefühl

Suche nach Integrations- oder Sprachkursen? Unverständliche Briefe vom Amt? Fragen zum Aufenthaltsstatus oder zum Lebensunterhalt? Die Migrationsberatung (MBE) ist Ansprechpartner für viele Fragen. Man sei „ein Türöffner durch Informationsvermittlung und Übersetzung des gesellschaftlichen Systems“, beschreibt Ute Afane, Beraterin in Kiel, den Beratungsansatz. Mit den Neuankömmlingen werde „gemeinsam ein ‘roter Faden’ entworfen, um Perspektiven für ein Leben in Deutschland zu erarbeiten“.

Die Arbeit der rund 1.300 Beratungseinrichtungen (2024) scheint zu fruchten: „Knapp 72 Prozent kommen durch die MBE im Alltag besser zurecht“, heißt es in einer Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin aus dem Vorjahr. Die Beratung verbessere den Umgang mit Bürokratie und erleichtere das Ankommen in der neuen Heimat.

Sie ist allen weiteren Hilfen für Zuwanderer vorgeschaltet. Seit dem Jahr 2005 fördert der Bund über das Bundesinnenministerium das Programm. Die Gelder fließen projektgebunden jeweils nur für ein Jahr. Träger der Beratungsstellen vor Ort sind die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und der Bund der Vertriebenen, die auch einen Teil der Kosten selbst tragen.

Nadja Saborowski, Teamleiterin Soziale Hilfen und Soziales Ehrenamt beim DRK-Bundesverband, sagt: „Die Erstberatung ist einer der wichtigsten Pfeiler der Integrationsbemühungen“. Zugewanderte hätten eine Vielzahl an Anliegen: Kinderbetreuung, Schule, Arbeit, gesundheitliche und soziale Versorgung und nicht zuletzt ihre Perspektiven in Deutschland. All das decke die MBE ab. Nach und nach könne man sich auf die Arbeitsmarktintegration konzentrieren, weil alle anderen Themen mitbearbeitet würden, betont sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Beratung und Hilfen für Migrantinnen und Migranten gab es schon seit den 70er Jahren, als die ersten Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Doch die Strukturen, die Verantwortungsebenen und die Inhalte der Beratungen änderten sich über die Jahrzehnte – zuletzt im Jahr 2005, als die heutigen Beratungsstrukturen im Zuwanderungsrecht verankert wurden, begrenzt auf drei Jahre mit dem Beginn des Aufenthaltstitels.

„Die Zahl der Ratsuchenden wächst kontinuierlich. Unsere Beratungsstellen erreichen inzwischen jährlich bis zu einer halben Million Menschen“, berichtet Elke Ronneberger, Bundesvorständin der Diakonie Deutschland: „Die Migrationsberatung ist ein Erfolg“, sagte sie dem epd. Die vielfältigen Hilfen wirkten als Integrationsbeschleuniger: „Ohne sie ginge vieles deutlich langsamer, und die Folgekosten für die öffentliche Hand würden erheblich steigen.“

Doch die Finanzierung der MBE ist alles andere als sicher. Zwar wurden die Haushaltsmittel im Vergleich zum Vorjahr nicht gekürzt und liegen laut vorläufiger Haushaltsplanung wieder bei 77 Millionen Euro für 2025. Doch weil die Kosten steigen, nicht nur für das Personal, liegt faktisch eine Kürzung vor. „Wer Integration will, muss auch investieren. Ohne verlässliche Finanzierung droht der Beratungslandschaft ein schleichender Substanzverlust“, warnt Elke Ronneberger.

Calogera von Auw, die für die Caritas in Frankfurt am Main schon seit 1987 Beraterin ist, weiß, wie vielfältig die Problemlagen der Ratsuchenden sind. Eine Gruppe von Zuwanderern ist nach ihren Worten vermehrt in den Einrichtungen anzutreffen: neu eingewanderte EU- Bürgerinnen und -Bürger. „Sie werden nach dem Zuwanderungsgesetz jedoch anders behandelt, sie haben beispielsweise keinen Anspruch auf Sprachkurse. Das Zuwanderungsgesetz sieht das für EU-Bürger nicht vor“, sagte sie in einem Interview für ein Themen-Spezial zu 20 Jahre MBE. „Aber wir sehen, dass auch sie Unterstützung brauchen. Leider werden sie in der Integrationspolitik oft übersehen.“