Methodistische Kirche distanziert sich von Gutachter

Der Gutachter im Prozess gegen den Bremer Pastor Laetzel bezeichnet Homosexualität als „Sünde“. Das kritisiert die methodistische Kirche, der der Professor angehört.

Pastor Olaf Latzel (Archivbild)
Pastor Olaf Latzel (Archivbild)Alasdair Jardine / epd

Bremen / Frankfurt/Main. Die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland hat sich von den Aussagen des theologischen Gutachters im Berufungsverfahren um den umstrittenen Bremer Pastor Olaf Latzel distanziert. Der zu der Freikirche gehörende Theologieprofessor Christoph Raedel habe seine ablehnende Haltung zur Homosexualität „als Privatperson“ deutlich gemacht, sagte der Sprecher der methodistischen Kirche, Michael Putzke, in Frankfurt/Main dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Diese Aussagen sind nicht als offizielle Stellungnahme namens und im Auftrag der Evangelisch-methodistischen Kirche anzusehen.“

Der Professor der Freien Theologischen Hochschule Gießen ist in der vergangenen Woche vom Bremer Landgericht zum theologischen Gutachter im Berufungsverfahren um den wegen Volksverhetzung verurteilten evangelischen Pastor Latzel bestellt worden. Auf epd-Anfrage bezeichnete Raedel „ausgelebte Homosexualität“ als „Sünde“. Er zitierte dazu aus der Verfassung seiner Kirche: „Die weltweite Evangelisch-methodistische Kirche kann die praktizierte Homosexualität nicht gutheißen und betrachtet diese Handlungsweise als unvereinbar mit der christlichen Lehre.“

„Symptom für den gefallenen Zustand“

Raedel betonte, seiner Ansicht nach sei „Homosexualität ein Symptom für den gefallenen Zustand der Welt, der die Entfremdung des Menschen von Gott beschreibt“. Darum müsse ausgelebte Homosexualität als Sünde bezeichnet werden. Allerdings könnten homosexuell empfindende Menschen ihre Orientierung ändern, wenn sie zum Glauben fänden.

In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzel
In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzelepd

Nach Auffassung des Bremer Amtsgerichts hatte der landeskirchliche Pastor Latzel in einem sogenannten Eheseminar zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Das Gericht verhängte darum eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil Latzel in Berufung gegangen ist.

Im Berufungsverfahren will das Landgericht seinem Sprecher zufolge nun prüfen lassen, ob Latzels Äußerungen noch von der Bibel gedeckt sind. Theologen, Kirchenrechtler und Verfassungsexperten hatten das Vorgehen des Gerichts kritisiert und auf die strikte Trennung von Staat und Kirche verwiesen.


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Der Sprecher der methodistischen Kirche sagte, die von Raedel zitierte Passage aus der Verfassung der weltweiten methodistischen Kirche sei zwar richtig, aber unvollständig. Korrekt sei, dass praktizierte Homosexualität darin als nicht vereinbar mit der christlichen Lehre angesehen werde. In der deutschen Fassung werde jedoch betont, dass es innerhalb der methodischen Kirche unterschiedliche Auffassungen in dieser Frage gebe.

Methodisten ringen um Haltung

Laut Putzke wird darin ausdrücklich bekräftigt, dass Gottes Gnade allen Menschen gelte: „Wir flehen Familien und Gemeinden an, lesbische und schwule Kirchenglieder und Kirchenzugehörige/Personen aus dem Freundeskreis nicht abzulehnen oder zu verurteilen“, heiße es in der Verfassung. Damit sei eindeutig, „dass Ablehnung und Diskriminierung lesbischer und schwuler Menschen in der Kirche keinen Platz haben“.

Die methodistische Kirche ringe weltweit bereits seit fünf Jahrzehnten erbittert um eine Haltung zur Homosexualität, erläuterte Putzke. 2019 habe sich bei der Generalkonferenz in St. Louis (USA), dem weltweit höchsten Entscheidungsgremium dieser Kirche, mit knapper Mehrheit die konservativ-traditionelle Sichtweise durchgesetzt.

„Vorläufig außer Kraft gesetzt“

In Deutschland sei dieser Beschluss aber nicht umgesetzt worden: Die wenigen Passagen mit negativen Aussagen zur Homosexualität seien „vorläufig außer Kraft“ gesetzt. Dieses „Schweigen in der Ordnung“ ermögliche es den Gemeinden, sich für die Belange von Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen stärker zu öffnen und ihnen in der Kirche eine Heimat zu bieten. (epd)