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Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Türkei wegen Haft für Demirtas

Der Europäische Gerichtshof rügt die Türkei: Die jahrelange Inhaftierung des Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas verletzt laut Richtern die Menschenrechte.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in StraßburgImago / JOKER

Die Türkei verstößt mit der Inhaftierung des Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das stellte der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg fest. Nach Auffassung der Richter ist die 2019 verhängte Untersuchungshaft für den Rechtsanwalt und früheren Ko-Vorsitzenden der Partei HDP unter anderem deswegen unzulässig, weil die türkische Justiz keinen hinreichenden Verdacht für eine Straftat vorbringen könne. Das Gericht sprach Demirtas einen Schadensersatz in Höhe von 35.745 Euro zu.

In der mit sieben Richtern besetzten Kammer vertrat die türkische Richterin Saadet Yüksel eine teils abweichende Meinung. Mit einer Mehrheit von sechs zu eins beanstandeten die Richter, dass keine ausreichenden Gründe vorlagen, Demirtas über vier Jahre in Untersuchungshaft zu halten, dass Demirtas und sein Anwalt keinen Aktenzugang erhielten sowie dass seine Rechte und Freiheiten unzulässig eingeschränkt wurden.

Gericht: Öffentliche Aufstachelung sei unbegründet

Das Gericht verwies weiter darauf, dass Demirtas schon vor der aktuellen Haft seit dem 4. November 2016 im Gefängnis saß, ebenfalls in Zusammenhang mit kurdischen Protesten gegen die türkische Regierung im Oktober desselben Jahres. Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg stellte 2020 fest, dass der gegen Demirtas erhobene Vorwurf der öffentlichen Aufstachelung unbegründet war. Die Ausschreitungen von 2016 bilden auch den Hintergrund der aktuellen Inhaftierung.

Demirtas war 2014 bei der Präsidentschaftswahl als einer von drei Herausforderern gegen Recep Tayyip Erdogan angetreten. Für seine Freilassung setzte sich unter anderem die frühere Bundesregierung ein. Weimar zeichnete Demirtas 2021 mit dem Menschenrechtspreis der Stadt aus. Ein türkisches Gericht verurteilte den Rechtsanwalt im Mai 2024 zu insgesamt 42 Jahren Haft.