Melania Trump fordert Recht auf Abtreibung – und löst Debatte aus
Abtreibungsgegner sind entsetzt über Melania Trumps Ansichten. In ihren nun erscheinenden Memoiren fordert sie ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. Im Wahlkampf ihres Mannes schlägt das hohe Wellen.
Lila Rose ist verwirrt. “Wer ist das?”, fragt eine der prominentesten Stimmen unter den US-Abtreibungsgegnern angesichts eines auf dem Portal X veröffentlichten Werbevideos für die Memoiren der ehemaligen First Lady. Angesichts der dortigen Aussagen zur Abtreibungsfrage sei schwer zu sagen, ob es sich um Melania Trump oder Kamala Harris handele: “Praktisch beziehen sie die gleiche Position zur Abtreibung.”
In dem mit dramatischer Musik unterlegten Schwarzweiß-Video verkündet die ehemalige First Lady, dass “kein Raum für Kompromisse” bestehe, wenn es um die “individuelle Freiheit” einer Frau geht. Anschließend verwendet sie den Slogan der Abtreibungsbefürworter: “My body – my choice” – “Mein Körper, meine Entscheidung”.
Das Video erschien kurz nachdem der “Guardian” exklusiv aus einem zugespielten Vorab-Exemplar der Memoiren zitiert hatte. “Warum sollte jemand, außer der Frau selbst, die Macht haben, zu bestimmen, was sie mit ihrem Körper macht?”, fragt Melania Trump in dem Buch. Damit stellt sie sich öffentlich gegen die Positionen ihres Mannes Donald, der immer wieder stolz darauf verweist, das Ende von “Roe v. Wade” durchgesetzt zu haben.
Dieses Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs hatte ein halbes Jahrhundert lang das liberale Abtreibungsrecht in den USA geregelt, indem es Schwangerschaftsabbrüche weitgehend zur Privatsache erklärte. Donald Trump hatte während seiner Präsidentschaft drei konservative Richter für das Oberste Gericht benannt, das im Juni 2022 “Roe v. Wade” aufhob und die Zuständigkeit für Abtreibungen an die 50 Bundesstaaten zurückverwies. In weiten Teilen des Südens und Mittleren Westens der USA traten seitdem zum Teil vollständige Verbote in Kraft.
Die Enttäuschung über die einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen publizierten Positionen ist an der treuesten Basis Trumps mit Händen zu greifen. “Melania Trumps Unterstützung für Abtreibung ist antifeministisch und steht eindeutig außerhalb der Lehre unseres katholischen Glaubens”, protestiert etwa Kristin Hawkins, Präsidentin der Organisation “Students for Life of America” und ergänzt: “Sie irrt sich.”
Die Vorsitzende der einflussreichen Gruppe “Susan B. Anthony List Pro-Life America”, Marjorie Dannenfelser, fühlt sich besonders provoziert durch die Aussage, dass “individuelle Freiheit ein Grundprinzip ist, das ich schütze”. Frauen seien von Natur aus geneigt, für diejenigen zu sprechen, die machtlos sind, meint Dannenfelser: “Abtreibung ist nicht die Quelle ihrer Freiheit und Befreiung.”
Die Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten verteidigt in ihren Äußerungen auch Abtreibungen in späteren Schwangerschaftsstadien, insbesondere wenn sie medizinisch notwendig seien: “Als Gemeinschaft sollten wir diese vernünftigen Standards annehmen.”
Beobachter interpretieren den öffentlichen Vorstoß unterschiedlich. Schließlich könnte er auch ein Versuch sein, Trump durch den Filter seiner Frau für Abtreibungsbefürworter wählbarer zu machen. Umfragen zeigen, dass ihm das Abtreibungsthema massiv zu schaffen macht.
Rechtsprofessorin Mary Ziegler von der University of California, Davis School of Law, steht dagegen für das Lager, das eher zusätzliche Probleme für Trump erkennt. Sie könne sich vorstellen, “dass unabhängige und unentschlossene Wähler sagen: ‘Wow. Es ist schlecht, dass sogar Donald Trumps Frau Donald Trumps Position nicht mag'”, wird sie in Medien zitiert.
Der republikanische Kandidat hatte zuletzt versucht, seine Haltung zur Abtreibung aufzuweichen. Auf seinem hauseigenen Netzwerk kündigte er kürzlich an, er würde ein nationales Abtreibungsverbot als Präsident mit einem Veto stoppen. Auf Kundgebungen bietet er sich neuerdings als “Beschützer” der Frauen an, die unter seiner Präsidentschaft “glücklich, gesund, selbstbewusst und frei” sein würden: “Ihr werdet nicht mehr über Abtreibung nachdenken.”
Tatsächlich tun die Amerikanerinnen laut Umfragen genau das. Neben der Wirtschaft ist Abtreibung das wichtigste Thema bei der Entscheidung im November. Eine Sprecherin des Wahlkampfteams von Kamala Harris erklärte jetzt, Melania Trumps Äußerungen machten erst recht klar, dass ihr Mann bei einem Wahlsieg “einen nationalen Abtreibungsbann durchsetzen, Frauen bestrafen und den Zugang zu reproduktiver Gesundheitsversorgung begrenzen wird”.
Die langjährige Vertraute von Melania Trump und ehemalige Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, hat dagegen eine sehr einfache Erklärung für das delikate Timing für die Provokationen: “Am Ende geht es ihr darum, mehr Bücher zu verkaufen.”