Mehrere US-Bundesstaaten wollen Beihilfe zum Suizid erlauben

Oregon hat als erster US-Bundesstaat 1997 Suizidbeihilfe legalisiert. Ein Erfahrungsbericht des Bundesstaates sorgt zwischen Ost- und Westküste für kontroverse Debatten in Staaten, die Ähnliches planen.

Gary Drake verabschiedete sich von Familie und Freunden via Facebook. “Ich liebe euch alle, sprecht ein Gebet für mich und wir sehen uns auf der anderen Seite”, schrieb der stets gut gelaunte Geschäftsmann aus Florida Anfang des Jahres. Da war der todkranke Drake, dessen Lunge, Knochen und Nieren unheilbar vom Krebs befallen waren, schon in Oregon, dem ersten US-Bundesstaat, der ärztliche Beihilfe zum Suizid legalisiert hatte. Nun ist er auf der anderen Seite.

Fälle wie der von Gary, der, fernab seines Wohnorts, ärztliche Unterstützung zum Tod wählte, sorgen immer wieder für Schlagzeilen in den US-Medien. Tausende sterbenskranke Amerikaner reisen seit 1997, als Oregon ärztliche Suizid-Hilfe per Gesetz legalisierte, in den nordwestlichen Pazifikstaat.

Weniger bekannt ist die Pannen-Statistik Oregons bei der Verabreichung der Medikamente, die den Patienten ein qualvolles Ende ersparen sollen. Der Jahresbericht 2023 dokumentiert den Fall eines Patienten, der nach der Einnahme fünf Tage lang mit dem Tod rang. “Hätte es sich um eine Hinrichtung gehandelt”, urteilte der “Catholic Herald”, “wäre es eine grausame Bestrafung gewesen.” Oregon experimentiert mit unterschiedlichen Todes-Cocktails. 1998 betrug die mittlere Todesdauer 22 Minuten, im vergangenen Jahr verlängerte sie sich auf 52 Minuten.

Der “Oregon Death with Dignity Act” erlaubt es sterbenskranken Menschen mit einer Lebenserwartung von weniger als einem halben Jahr, von ihren Ärzten Medikamente zu erhalten, um sich selbst das Leben zu nehmen. Im Nachbarstaat Washington ist dies seit 2009 möglich. In beiden US-Staaten ist die Zahl der Menschen, die durch einen ärztlich-assistierten Suizid aus dem Leben schieden, stetig angestiegen. Der Anteil an allen Todesfällen liegt inzwischen bei drei bis vier pro Tausend. In Oregon starben 2023 mindestens 367 Menschen durch assistierten Suizid, durchschnittlich einer pro Tag. Das waren 20 Prozent mehr als 2022. Ein Rekord.

Zahlen aus dem Jahr 2020 belegen, dass insgesamt etwa 5.330 US-Amerikaner medizinische Hilfe für ihren Todes-Wunsch erhielten. Knapp 8.500 bekamen ein Rezept, so die Statistik des “Journal of the American Geriatrics Society”.

Viele Todkranke haben Aufenthaltsgenehmigungen für Oregon oder andere Bundesstaaten beantragt, in denen ärztliche Hilfe zum Suizid legal ist. Andere wie Gary reisen im Endstadium ihrer Krankheit dorthin – viele ohne Familienangehörige und Freunde. Kritiker verurteilen das als “Suizid-Tourismus”. 28 starben laut Oregon-Bericht im vergangenen Jahr einen einsamen Tod, ohne dass ihnen ein Angehöriger in ihren letzten Minuten die Hand halten konnte, weil sie es nicht wussten.

Mehrere Bundesstaaten sind dem Beispiel Oregons gefolgt; in 19 Staaten sind ähnliche Gesetze in Vorbereitung, darunter Kentucky, Maryland und Iowa. In Kansas liegt ein Gesetzentwurf vor, der den ärztlich unterstützten Tod unter Strafe stellt. West Virginia fordert die Wähler in einem Referendum auf, das aktuell geltende Verbot in der Verfassung zu verankern.

Die Diskussion um das Thema verläuft entlang von medizinischen, ethischen und religiösen Argumenten. Unheilbare sollten Zugang zu medizinisch unterstützter Sterbehilfe erhalten, fordert Lachlan Forrow vom Bioethik-Zentrum der Harvard University. Gleichzeitig sollten die Bundesstaaten mehr Anstrengungen unternehmen, ihre Palliativ-Medizin zu verbessern und damit eine Alternative zu schaffen.

Katholische Ärzte lehnen medizinische Sterbehilfe meist ab. Sie widerspreche “sowohl seinem Glauben als auch seiner Arbeit als Arzt”, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gewissensrechte der katholischen Ärztevereinigung, Tim Millea.

Ohne Wenn und Aber ist auch die Haltung der katholischen Bischöfe. Das Leben sei heilig, Sterbehilfe stehe im Widerspruch zur Lehre der Kirche. Vor dem Hintergrund der Pläne des Bundesstaates Minnesota, dem Beispiel Oregons zu folgen, bezog der Ortsbischof Robert Barron klar Stellung. “Wir leben nicht für uns selbst”, so Barron. “Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und wenn wir sterben, sterben wir für den Herrn; ob wir also leben oder sterben, wir gehören dem Herrn.”