Mehr Mathe und Deutsch, keine Kürzung beim Religionsunterricht

Nach dem schlechten Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler beim Pisa-Test will Bayern gegensteuern. Ab kommendem Schuljahr soll es an bayerischen Grundschulen mehr Deutsch und Mathematik geben, kündigte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) am Dienstag nach der Kabinettssitzung bei der Vorstellung der Pisa-Offensive Bayern an. Konkret bedeutet das: In allen vier Jahrgangsstufen soll jeweils eine Stunde Deutsch in der Woche hinzukommen; in der ersten und dritte Klasse soll es jeweils eine zusätzliche Stunde Mathematik geben. „Lesen, Rechnen und Schreiben seien das Wichtigste, was Kinder können müssten“, betonte Stolz. Andere Fächer sollen für den stärken Fokus auf Mathematik und Deutsch aber nicht wegfallen.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) begrüßt das Maßnahmenpaket grundsätzlich, gibt aber zu bedenken, dass man sich immer noch mitten im Lehrermangel befinde. Mehr Qualität, mehr Leseerziehung, mehr Zuhören, mehr Schreibkompetenz bei Kindern – „das ist die richtige Antwort und das wissen wir“, betonte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Aber die Lehrkräfte vor Ort müssten auch die Chance haben, das umzusetzen. Unter anderem brauche es beste Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte, um den Beruf wieder attraktiver zu machen.

Ab kommendem Schuljahr soll die Stundentafel für den stärkeren Fokus auf Mathematik und Deutsch flexibel gestaltet werden können, kündigte Stolz an. So sollen die Fächer Kunst, Musik sowie Werken und Gestalten zu einem Fächerverbund zusammengefasst werden. Englisch könne um eine Stunde gekürzt werden, sagte Stolz weiter. Bei Sport sei sogar eine Stunde in der Woche mehr möglich. Kürzungen bei Sport erteilte Stolz eine klare Absage, denn Sport sei für die psychische und physische Gesundheit der Kinder wichtig. Die Stundenzahl bei Religion und Heimat- und Sachunterricht bleibe. In der ersten und zweiten Jahrgangsstufe gibt es jeweils zwei Wochenstunden Religion, in der dritten und vierten sind es jeweils drei Wochenstunden.

Mit der Beibehaltung der Stundenzahl beim Religionsunterricht stößt Stolz auf Unverständnis bei der SPD-Landtagsfraktion. Deren bildungspolitische Sprecherin Simone Strohmayr kritisierte, dass man Englischunterricht kürze und Kreativfächer zusammenlege – „aber rührt Religionsunterricht nicht an. Das kann man niemandem erklären“. Die Zusammenlegung der Kreativfächer sei eine Kürzung durch die Hintertür. „Die heilige Kuh der CSU aber, der Religionsunterricht an Schulen, bleibt hingegen unangetastet.“

Bayern habe von allen Bundesländern den meisten Religionsunterricht, sagte Stolz weiter. Es habe zwar gute Gespräche mit den beiden Kirchen gegeben, aber diese hätten keine Flexibilisierung bei der Stundenzahl gewollt. Sie selbst sei ans Konkordat gebunden, betonte Stolz – hätte also eigenmächtig die Stundenzahl beim Religionsunterricht nicht anpassen können.

Auch die Grüne-Landtagsfraktion kritisiert die Zusammenlegung der Kreativfächer. „Fächer wie Kunst und Musik werden gestutzt.“ Dabei wisse man doch, dass Kinder aus sozial schwächeren Elternhäusern daheim deutlich weniger Möglichkeiten hätten, ein Instrument zu lernen oder sich anderweitig kreativ auszuprobieren und weiterzuentwickeln, sagte die Sprecherin für Bildung und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Kultus, Gabriele Triebel. Moderne Bildung müsse auch mehr sein als nur Mathematik und Deutsch. In einem Land wie Bayern sollten Kinder ganz sicher nicht weniger Englisch lernen.

Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) kündigte an, dass es einen stärkeren Fokus auf den deutschen Spracherwerb bei Kindern mit Migrationsgeschichte geben soll. Bereits eineinhalb Jahre vor der Einschulung soll es eine verpflichtende Sprachstandserhebung geben – auch für Kinder, die nicht in eine Kita gehen. Wenn die deutschen Sprachkenntnisse nicht ausreichen, müssten die Kinder in eine Sprachfördermaßnahme gehen. (00/0665/27.02.2024)