Mehr Krebserkrankungen als Pandemie-Folge befürchtet

Mangelnde Früherkennung und ausgefallene Behandlungen in der Corona-Zeit: Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes Reimann befürchtet eine Zunahme an schweren Krebserkrankungen.

Die Zahl aller Krankenhausbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen hat nach 2020 und 2021 auch im dritten Pandemiejahr weiter abgenommen.
Die Zahl aller Krankenhausbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen hat nach 2020 und 2021 auch im dritten Pandemiejahr weiter abgenommen.Imago / Panthermedia

Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, warnt vor einer drohenden Zunahme schwerer Krebserkrankungen infolge der Corona-Pandemie. „Durch mangelnde Früherkennung und ausgefallene Behandlungen kann es sein, dass wir gerade bei Krebserkrankungen eine Bugwelle von zusätzlicher Krankheitslast vor uns herschieben“, sagte Reimann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zum Weltkrebstag am 4. Februar. Das Statistische Bundesamt meldete einen deutlichen Rückgang der Krebsbehandlungen in Krankenhäusern in den Corona-Jahren 2020 und 2021.

Reimann sagte, besorgniserregend sei etwa die Entwicklung bei den Darmkrebs-Operationen. Sie seien im vergangenen Jahr um 16 Prozent gegenüber dem Vor-Pandemie-Zeitraum zurückgegangen. Kritisch sei zudem der Rückgang bei Krebs-Vorsorgeuntersuchungen. Daten aus 2022 zeigten, dass die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen im ersten Halbjahr insbesondere bei Gebärmutterhalskrebs und Hautkrebs um jeweils elf Prozent gegenüber 2019 gesunken sei.

Risiko für schwere Krankheitsverläufe steigt

„Die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen ist bislang nicht wieder auf das alte, vorpandemische Niveau zurückgekommen“, sagte Reimann. Wer Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrnehme, erhöhe sein Risiko für schwere Krankheitsverläufe. „Je später eine Erkrankung entdeckt wird, desto schwieriger wird oft die Behandlung“, erklärte die Kassen-Chefin.

Die Auswertung der Versichertendaten für das vergangene Jahr zeige insgesamt einen „alarmierenden“ Trend: Die Zahl aller Krankenhausbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen habe nach 2020 und 2021 auch im dritten Pandemiejahr weiter abgenommen. 2022 seien die Krankenhausfälle bis November um 15 Prozent gegenüber 2019 zurückgegangen. Die Menschen seien aber wahrscheinlich nicht gesünder als früher.

Rückläufige Zahl krebsbedingter Klinikaufenthalte

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2021 knapp 1,44 Millionen Patientinnen und Patienten wegen einer Krebserkrankung in einem Krankenhaus behandelt. Gegenüber dem ersten Corona-Jahr 2020 ging die Zahl der krebsbedingten Klinikaufenthalte um 1,2 Prozent zurück. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 mit damals rund 1,55 Millionen Krebsbehandlungen betrug der Rückgang 7,2 Prozent.

Die hohe Auslastung der Krankenhäuser durch Covid-19-Patienten, das Freihalten von Bettenkapazitäten und verschärfte Hygienekonzepte führten laut den Statistikern dazu, dass planbare Behandlungen verschoben wurden. Zudem vermieden vermutlich viele Menschen Krankenhausaufenthalte, wenn sie diese nicht als unbedingt notwendig erachteten.

Heilungschancen verbessert

Die Heilungschancen für Krebspatienten haben sich in den vergangenen Jahren indes verbessert, wie es hieß. Zwar ist die Zahl der Todesfälle mit der Ursache Krebs im Zehn-Jahres-Vergleich gestiegen: Im Jahr 2021 starben 229.100 Menschen an den Folgen der Krankheit, 2011 waren es 221.600. Der Anstieg dürfte im Allgemeinen jedoch auch auf die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen sein. Der Anteil der an Krebs Verstorbenen an den Todesfällen insgesamt ist im selben Zeitraum – und insbesondere in den Corona-Jahren 2020 und 2021 – gesunken: von 26 Prozent im Jahr 2011 auf gut 22 Prozent im Jahr 2021.