Patienten sollen künftig besser erkennen können, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet und wie ihre Qualität ist. Allerdings gibt es künftig zwei Verzeichnisse nebeneinander: Der Bundes-Klinik-Atlas des Bundesgesundheitsministeriums wurde freigeschaltet. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) baut währenddessen das bereits seit 2002 bestehende “Deutsche Krankenhaus Verzeichnis” aus. Hier die zentralen Aspekte:
Was soll der Bundes-Klinik-Atlas erreichen?
Das Krankenhaustransparenzgesetz, in dem der Online-Atlas verankert ist, ist Teil der geplanten großen Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Ein zentrales Ziel des Gesetzes ist, dass die Bürger sich über die Leistungen der Krankenhäuser besser informieren und so entscheiden können, wo sie sich behandeln lassen wollen, wenn sie beispielsweise an Krebs erkrankt sind oder eine neue Hüfte brauchen. “Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten”, so der Minister. Zugleich sollen sich Krankenhäuser stärker spezialisieren, um eine bessere Behandlungsqualität zu erzielen: Ungefähr ein Drittel der Krebspatienten werde derzeit nicht dort behandelt, wo optimale Ergebnisse zu erwarten wären, sagt Lauterbach. Spezialisierung rette Menschenleben.
Wie konkret soll die Transparenz hergestellt werden?
Die rund 1.900 Krankenhäuser in Deutschland werden verpflichtet, in regelmäßigen Abständen bestimmte Daten zu übermitteln, die dann in dem Transparenzverzeichnis im Internet veröffentlicht werden. Auch Krankenkassen, Fachgesellschaften und Zertifizierungsstellen sollen Informationen liefern. Zusammengefasst und visuell aufbereitet werden die Daten vom Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen.
Welche Informationen sollen die Bürger abrufen können?
Abrufbar sein sollen etwa Qualitätssiegel und Zertifikate, Daten zu Fallzahlen, also zur Behandlungserfahrung des jeweiligen Krankenhauses beispielsweise bei Herzinfarkt oder Krebs, zum Personalschlüssel bei Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten ausgewählter Eingriffe. Die Bürger sollen etwa erfahren, wie oft Patienten Druckgeschwüre erleiden oder es Probleme bei künstlichen Hüftgelenken gab. Auch soll aus dem Online-Atlas hervorgehen, auf welche Fachgebiete sich das jeweilige Krankenhaus spezialisiert hat. Das Online-Register wird in den kommenden Monaten schrittweise befüllt. Die Daten sollen übersichtlich und allgemeinverständlich aufbereitet und fortlaufend aktualisiert werden.
Besonderen Ärger gab es im Vorfeld über die sogenannten Leistungsgruppen. Warum?
Umstritten ist, dass die Kliniken im Atlas in bestimmte Level – vom Basisversorger bis zur Uniklinik – eingeteilt werden sollen. Ab. 1. Oktober sollen die Fallzahlen im Online-Atlas nach 65 Leistungsgruppen, also etwa die Herzchirurgie, Augenheilkunde oder Geburtsmedizin, differenziert aufgeschlüsselt werden. Die Länder befürchten, dass der Bundesgesundheitsminister durch die Festlegung der Level und Leistungsstufen durch die Hintertür Einfluss auf die bundesweite Krankenhausplanung gewinnen will. Sie ist aber Ländersache.
Auch von den Vertretern der Krankenhaus- und Ärzteverbände und der Opposition kommt Kritik. Worum geht es dabei?
Die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft erklären, der Online-Atlas des Gesundheitsministeriums bringe wenig neue Informationen für Patienten und viel zusätzliche Bürokratie für das Personal. Alle Krankenhäuser legten bereits Berichte über ihre Aktivitäten vor, vor allem über das Deutsche Krankenhausregister.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte inhaltliche Kritik: Dem Klinik-Atlas fehlten entscheidende Angaben. Nach wie vor mangele es an verbindlichen Bewertungsfaktoren, die die Arbeit am und mit dem Patienten in den Blick nehmen – etwa lange Wartezeiten, fehlende Ansprechpartner oder die Verschiebung von Untersuchungen. Brysch warnte zudem vor negativen Konsequenzen des Registers für alte und pflegebedürftige Menschen: Kliniken könnten künftig jüngere und erfolgversprechende Patienten bevorzugt behandeln, um bessere Bewertungen zu erzielen. Dagegen könnten ältere oder chronisch kranke Menschen, die häufig unter Mehrfacherkrankungen litten und deren Behandlung teurer sei, die Bewertungen verschlechtern.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat im April die Neuauflage dieses Deutschen Krankenhausregisters vorgestellt. Was hat es damit auf sich?
Es gibt im Internet mehrere Angebote, die Leistungen und Qualität von Kliniken vergleichen, etwa den Klinikradar oder den Klinikatlas. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft veröffentlicht seit mehr als zwei Jahrzehnten das Deutsche Krankenhausverzeichnis. Für jedes Krankenhaus könnten Patienten dort bislang schon Informationen zu Behandlungsangeboten, Fallzahlen, Personalausstattung und Qualitätsergebnissen erfahren, betont die DKG. Es habe mehr als 500.000 Zugriffe im Monat. Mehr als 12,5 Millionen Daten der Qualitätsberichte der Krankenhäuser seien hinterlegt.
Warum wurde das Verzeichnis überarbeitet?
Nach Darstellung des DKG-Vorstandsvorsitzenden Gerald Gaß sind künftig noch mehr Daten hinterlegt – etwa die Angebote zur Long-Covid-Behandlung oder eine direkte Suche nach bestimmten Behandlungen auch mit Komplikationsraten. Den Nutzern werde mit einem neuen Suchsystem und einem übersichtlichen Farbsystem eine leichte und klare Entscheidungshilfe an die Hand gegeben.
