Mehr als Geldgeschenke und gutes Essen
Jakob hatte eine klare Vorstellung: Direkt zu Beginn seiner Konfirmandenzeit vor fünf Jahren erklärte er seiner Mutter, dass seine Konfirmation mehr sein sollte als nur gut zu essen und möglichst viel Geld zu bekommen. Sie sollte etwas Besonderes werden. Etwas, woran er sich sein Leben lang erinnern würde. Seine Mutter Paula Maisch überlegte – und hatte eine Idee: Warum nicht Eltern, Geschwister und andere Verwandte in die Zeit des Konfirmandenunterrichts einbinden? Die Religionspädagogin an der Gesamtkirchengemeinde Metzingen (bei Stuttgart) entwickelte das Projekt „Schatzkiste“.
Das Konzept: Die Eltern der Konfirmanden treffen sich an sieben Abenden. Dabei beschäftigen sie sich mithilfe verschiedener Methoden aus der Biografiearbeit mit dem Leben ihrer Kinder – dem Namen, ihrer Herkunft, dem ausgewählten Konfirmationsspruch. Sie formulieren, warum sie ihr Kind als Segen in ihrem Leben empfinden und wofür sie dankbar sind. Außerdem können sie Fotos aus den bisherigen Lebensphasen zusammenstellen. Am Ende kommt alles in eine selbst gestaltete „Schatzkiste“, die dem Kind zur Konfirmation überreicht wird.
„Die Schatzkiste ist eine Möglichkeit, dem eigenen Kind zu sagen: ‚Ich schätze Dich. Ich sehe das Gute in Dir. Ich habe Interesse an Dir. Ich bin für Dich da, wann immer Du mich brauchst‘“, erklärt Paula Maisch den Gedanken dahinter. Die Teilnahme sei für die Eltern der Konfirmanden natürlich freiwillig, betont sie. Aber das Interesse sei groß. In den vergangenen vier Jahren hätten sich rund 180 Familien an dem Projekt beteiligt – nicht nur Eltern, auch Großeltern, Geschwister und andere Angehörige.
Ihre Erfahrung: Nicht nur für die Konfirmanden und ihre Familien ist das Projekt ein Gewinn. Auch die Kirchengemeinden profitieren. So erreiche sie mitunter Eltern und Familien, die sonst kaum oder keinerlei Kontakt zur Kirche hätten. Nicht wenige kämen auch nach der Konfirmandenzeit immer wieder zu Gemeindeveranstaltungen – „und das, obwohl die Konfirmation ja häufig das letzte Mal ist, dass man die Jugendlichen und ihre Familien in der Kirchengemeinde sieht“, sagt Maisch.
Rund 80 Prozent der evangelischen Jugendlichen in Deutschland lassen sich laut der 3. bundesweiten Konfi-Studie durchschnittlich konfirmieren. Je nach Region variiert die Konfirmationsquote. Was die Jugendlichen laut Studie jedoch eint: Die Erwartungshaltung an den Konfirmandenunterricht hat sich geändert: Zwar spielten Geld und Geschenke sowie die Familientradition eine Rolle bei der Anmeldung der Jugendlichen zur Konfi-Zeit. Aber diese Motive seien weniger stark als der Wunsch, sich tatsächlich mit Fragen des Glaubens und der eigenen Identität auseinandersetzen.
Das gelinge leichter, wenn Eltern und Angehörige die Heranwachsenden dabei begleiteten, ist Paula Maisch überzeugt: „Die Eltern begegnen ihrer eigenen Glaubensbiografie und erleben eine Gemeinschaft, die Lust macht auf Kirche.“ Sie wundert sich, dass es bislang keine gesamtkirchlichen Konzepte für die Arbeit mit Eltern von Konfirmanden gibt. Umso größer ist das Interesse an ihrem Projekt „Schatzkiste“. Aus vielen Teilen Baden-Württembergs erreichen sie Anfragen. Deshalb bietet sie inzwischen auch Schulungen und Online-Kurse an. (2038/10.09.2024)