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Medizinerin: Kindern beim Toilettengang keinen Druck machen

Über den eigenen Beckenboden kann man sich nach Worten einer Expertin nicht früh genug Gedanken machen: Jede fünfte Frau entwickle eines Tages Probleme in diesem Bereich. Das Thema betreffe jedoch auch Männer.

Vielen Kindern wird ein falsches Toilettenverhalten anerzogen: Das beobachtet die Medizinerin Ursula Peschers. Sätze wie “Jetzt muss du schon wieder aufs Klo?” könnten verhindern, “ein Gefühl für ein ‘normales’ Toilettenverhalten zu entwickeln”, sagte Peschers der “Süddeutschen Zeitung” (Donnerstag). Das gelte auch für das Gegenteil: den “dauernden Hinweis, doch bitte nochmal aufs Klo zu gehen, bevor man das Haus verlässt”.

Die Blase junger Menschen fasse 300 bis 400 Milliliter, erklärte die Chefärztin und Koordinatorin des Bayerischen Beckenboden-Zentrums am Isar-Klinikum in München. “Wenn ich, wie empfohlen, zwei Liter am Tag trinke, gehe ich also fünf- bis sechsmal aufs Klo. Mit den Jahren wird das mehr, weil die Blasenkapazität kleiner wird.” Zudem müsse man häufiger zur Toilette, wenn man deutlich mehr trinke. Dabei mache alles über zwei Liter hinaus “keinen Unterschied, außer Sie haben eine Nierenfunktionsstörung”.

Zu lange anzuhalten, sei nicht ratsam, fügte Peschers hinzu. “Die sogenannte faule Blase kennt man besonders von Lehrerinnen oder Krankenschwestern, also Menschen, die während der Arbeit nicht auf die Toilette gehen. Eine junge Blase hält das aus. Aber wenn später die feine Nervenversorgung nicht mehr so gut funktioniert, kann es zu einer Blasenentleerungsstörung kommen, weil man das Organ überdehnt hat.”

Risikofaktoren für eine Gebärmuttersenkung und Inkontinenz seien zudem Übergewicht und Rauchen, sagte die Urogynäkologin. “Ein wesentlicher Faktor ist es außerdem, wenn bereits die eigene Mutter oder Großmutter eine Senkung oder Inkontinenz hatte. Es wäre toll, wenn man sich traut, bei denen mal nachzufragen.”

Männer hätten bis zum Alter von 50 bis 60 Jahren aus anatomischen Gründen keine Beckenbodenprobleme. “Aber dann kommen die Prostataprobleme. Mit 80 haben sie dann genauso viele Blasenprobleme wie Frauen. Aber sie reden noch weniger darüber, das ist klar.” Zu wissen, dass auch Männer einen Beckenboden hätten, “wäre schon mal ein Anfang”, so Peschers.