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Mediziner: Migräne könnte harmlose Erkrankung sein

Fast jede fünfte Frau in Deutschland leidet zumindest zeitweilig an Migräne. Gesellschaftlich unterschätzt, wird die Krankheit laut Schmerzmedizinern oft unzureichend behandelt.

Migräne-Patientinnen und -Patienten müssten besser aufgeklärt und versorgt werden: Das mahnt der Neurowissenschaftler Michael Überall an. Es handle sich um die häufigste Kopfschmerzform und die häufigste neurologische Schmerzerkrankung hierzulande, sagte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin. Dennoch würden häufig nur die einzelnen Kopfschmerz-Attacken bekämpft.

Diese Phasen enormer Kopfschmerzen seien allerdings “nur die Spitze des Eisbergs”, mahnte Überall. Die meisten Betroffenen erlebten davor und danach neurologische Veränderungen, die den Alltag beeinträchtigten – darunter Nackensteifigkeit, Müdigkeit oder die sogenannte Aura, also etwa Lichtblitze oder ein flimmerndes Blickfeld. Auslöser müssten stärker in den Blick genommen werden, um die Zahl der Migräne-Attacken zu reduzieren.

Bislang erhalten den Angaben zufolge nur neun Prozent der Betroffenen sogenannte spezifische Prophylaktika, also vorbeugende Medikation. Dabei seien diejenigen auch außerhalb akuter Attacken chronische Schmerzpatienten, betonte der Psychologe Johannes Horlemann. Die Lebensqualität leide darunter, wenn jemand beispielsweise keinen Ausflug fürs Wochenende planen könne, weil eine Attacke dazwischenkommen könne: “Das Gehirn befindet sich im Daueralarm.”

Diese Bedeutung von Migräne als Volkskrankheit sei vielen nicht klar, kritisierte Horlemann, der Präsident der Gesellschaft für Schmerzmedizin ist. Ein gutes Viertel der Migränepatientinnen und -patienten zeigt nach einer Auswertung des “PraxisRegister Schmerz” depressive Symptome, über die Hälfte leiden an Schlafstörungen und zehn Prozent berichten von konkreten Suizidgedanken. Laut Überall braucht es neben klarer Diagnostik und vorbeugender Versorgung auch eine bessere Aufklärung, damit Betroffene auch selbst gegensteuern könnten.