Mediziner bezweifelt Zeitplan für Krankenhausreform

Der Zeitplan für die Krankenhausreform in Deutschland ist nach Einschätzung des Intensivmediziners Christian Karagiannidis nicht mehr zu halten. „Dieses Jahr wird das, glaube ich, nichts mehr“, sagte er der „Tageszeitung“ (Montag). Der Intensivmediziner ist Teil der Regierungskommission, die Vorschläge für die Reform des Krankenhauswesens erarbeitet. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte geplant, ein Gesetz zur Reformierung der Krankenhausfinanzierung noch in diesem Jahr zu verabschieden.

Ein Scheitern der Krankenhausreform sei aber keine Option, sagte der Intensivmediziner. Eine Reform sei seit Jahren überfällig und der Istzustand nicht mehr haltbar. „Aus meiner Sicht müssen wir im April, spätestens Mai durch den Bundesrat durch sein. Wenn das mit den Wahlen im Osten und dem Bundestagswahlkampf zusammenfällt, dann haben wir keine Chance mehr. Das Zeitfenster für eine tiefgreifende Reform schließt sich dann.“

Karagiannidis betonte auch die Bedeutung der Digitalisierungsgesetze für die Entlastung von Kliniken. Dabei geht es unter anderem um die Durchsetzung der elektronischen Patientenakte und des E-Rezepts. „Diese Reform ist für uns mindestens genauso wichtig wie die Krankenhausreform.“

Der Mediziner warnte im Zusammenhang mit möglichen Krankenhausschließungen vor Panikmache. Vor allem die Bundesländer, aber auch die Krankenhausgesellschaft hatten zuletzt den Reformprozess immer wieder heftig kritisiert und verzögert. „Wenn die Bundesländer oder die Krankenhausgesellschaft jedes Mal den Weltuntergang herbeireden, wenn irgendwo ein 100-Betten-Haus schließt, dann treibt das der AfD und anderen extremistischen Kräften nur noch mehr Wähler zu“, sagte Karagiannidis.

In Deutschland gibt es derzeit rund 1.900 Krankenhäuser; das sind nach Ansicht vieler Experten zu viele. Mit der Reform sollen die Kliniken sogenannte Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, etwa „Allgemeine Innere Medizin“ oder „Stammzelltransplantationen“. Die Häuser müssen bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, um diese Leistungen anbieten zu dürfen. So werden Operationen oder Behandlungen künftig häufiger in spezialisierten Kliniken stattfinden. Kleinere Kliniken könnten in Gesundheitszentren umgebaut werden.

Geplant ist außerdem, das Vergütungssystem der Kliniken zu verändern. Das bei Ärzten und Pflegekräften verhasste System der Fallpauschalen soll modifiziert werden. Bislang ist jeder medizinischen Behandlung ein Preisschild zugeordnet. Der Klinik bringt ein Patient viel Geld, wenn an ihm viele teure Eingriffe und Untersuchungen gemacht werden und er zugleich nicht lange in der Klinik bleibt. Künftig sollen die Krankenhäuser auch Vorhaltepauschalen dafür erhalten, dass sie bestimmte Geräte und Personal bereithalten, ohne dass sie eine konkrete Leistung durchführen.