Angehörige von Demenzkranken sollten sich nach Ansicht von Jürgen Herzog, Ärztlicher Direktor in der Schön Klinik München Schwabing, möglichst früh Unterstützung suchen. „Der häufigste Fehler von pflegenden Angehörigen ist es, die eigenen Ressourcen zu überschätzen oder aus einem Schamgefühl heraus keine Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagte Herzog im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Welt-Alzheimertags am Sonntag (21.09.). Es sei aber wichtig, die Last der Betreuung auf mehrere Schultern zu verteilen. Weitere Familienangehörige, Freunde oder Nachbarn könnten etwa den Erkrankten für ein oder zwei Stunden beaufsichtigen, um der hauptsächlich pflegenden Person etwas Freiraum zu verschaffen. Die Alzheimer Gesellschaft oder Alten- und Servicezentren böten in vielen Städten Beratungen, Kurse für Angehörige von Demenzkranken oder gemeinsame Unternehmungen mit den Betroffenen an.
Im Gespräch mit Demenzkranken rät der Neurologe zu den Prinzipien der Einfachen Sprache: „kürzere Sätze, wenig Fremdwörter, eher geschlossene Fragen und nicht zwei Fragen hintereinander“. Wichtig seien auch ein vertrauensvoller und ruhiger Tonfall und eine ungestörte Atmosphäre. Fehler oder Ungereimtheiten solle man lieber ignorieren, statt sie zu korrigieren. Das führe nur zu Frustration und Streit, und die Betroffenen verlören noch mehr an Selbstbewusstsein.
Um den Geist anzuregen seien einfache Gesellschaftsspiele, Würfelspiele oder etwa „Stadt, Land, Fluss“ eine gute Möglichkeit, sagte der Chefarzt der Tagesklinik für Demenz in München Schwabing. Auch Musik sei „ein ideales Vehikel, um Erinnerungen und Emotionen wieder aufleben und Lebensfreude aufkommen zu lassen“. Sie helfe auch, aggressive Durchbrüche zu besänftigen. Träten Aggressionen häufiger auf, sollte man einen Arzt kontaktieren, um die Aggressivität eventuell mit einem Medikament zu bremsen.
Wenn eine Betreuung zuhause nicht mehr leistbar sei und der Betroffene in ein Pflegeheim müsse, sollte es im besten Fall eine auf Demenzpatienten spezialisierte Einrichtung sein. „Generell kann der Gemeinschaftsfaktor in einem Pflegeheim für manche tröstlich und stimulierend sein“, sagte Herzog. Häufig habe es vorher eine jahrelange Isolierung und Vereinsamung mit dem Partner gegeben, viele seien kaum mehr aus dem Haus gegangen. In einem Pflegeheim könne man dagegen Gemeinschaftsgefühl, Zuwendung und ein schönes Miteinander finden. (2978/17.09.2025)