Medienrechtler haben die Reformpläne des saarländischen Medienrechts grundsätzlich begrüßt, kritisieren allerdings die konkrete Ausgestaltung. Angesichts einer sich „dramatisch“ verändernden Medienwelt sei es richtig zu schauen, wie der Saarländische Rundfunk (SR) und die private Medienaufsicht darauf zu reagieren hätten, sagte der Jurist Dieter Dörr am Donnerstag in Saarbrücken. Der Gesetzentwurf sieht einerseits ein Gesetz für den privaten Rundfunk, Online-Angebote, Presse und Landesmedienanstalt (LMS) vor, anderseits ein eigenes SR-Gesetz. Um letzteres ging es auch hauptsächlich bei der zweiten öffentlichen Anhörung im Medienausschuss des Landtages.
Dörr kritisierte das geplante Direktorium, welches für die Leitung des Senders neben dem Intendanten zwei weitere Direktoren vorsieht. „Lassen Sie die modifizierte Intendantenverfassung um Gotteswillen sein“, appellierte er an die Abgeordneten. Die Satzung des SR gebe bereits jetzt vieles vor: Direktoren und Justiziare leiteten ihren Geschäftsbereich in eigener Verantwortung und der Intendant könne die Letztentscheidung wahrnehmen. „Sie brauchen die Letztentscheidung des Intendanten, weil es auch mal Konflikte geben kann“, erklärte der Gründungsdirektor des Mainzer Medieninstitutes. „Sonst haben sie im Ergebnis die organisierte Verantwortungslosigkeit.“
Auch SR-Intendant Martin Grasmück warb bei den Abgeordneten für „klare Entscheidungsstrukturen“. Wer die Gesamtverantwortung trage, müsse im Zweifelsfall auch die letzte Entscheidung treffen. Sein Ziel sei es, dass der SR und seine Vertreterinnen und Vertreter anderen öffentlich-rechtlichen Kolleginnen und Kollegen auf Augenhöhe begegnen könnten.
Verfassungsrechtliche Zweifel an der Umsetzung des Direktoriums äußerte der Medienrechtler Bernd Holznagel von der Universität Münster. Da dieses sich eine Geschäftsordnung geben solle, müsse bestimmt werden, wer diese kontrolliere. Das fehle aber im Gesetz. Holznagel schlug den Rundfunk- oder den Verwaltungsrat vor. „Das wäre dann eine Möglichkeit, aus diesem Modell, was für viele nicht optimal ist, eine verfassungsrechtlich konforme Lösung zu machen.“
Der stellvertretende SR-Verwaltungsratsvorsitzende Karl Rauber begrüßte grundsätzlich, dass die Landesregierung den SR zukunftsfest machen wolle. Allerdings habe das Gremium „erhebliche Zweifel“ am vorliegenden Gesetzentwurf. Das Direktorium werde den Intendanten schwächen und sorge für unklare Verantwortlichkeiten. Damit vertrat das Gremium mit sechs zu eins eine andere Auffassung als sein Vorsitzender Michael Burkert. Dieser äußerte im Ausschuss seine persönliche Meinung, dass Kollegialorgane „gang und gäbe“ seien und zu einer modernen Unternehmensführung dazu gehörten.
Mehrere Verbandsvertreter kritisierten zudem die geplante Entsendung von Rundfunkratsmitgliedern über sogenannte Cluster – also dass mehrere Verbände und Gruppen sich auf ein gemeinsames Mitglied einigen müssen. Sie äußerten die Sorge, dass es zu häufigen Wechseln in der Besetzung komme oder sich viele Verbände nicht einigen könnten. Der Medienrechtler Nikolaus Marsch von der Universität des Saarlandes verwies darauf, dass Rundfunkratsmitglieder nicht ihre Verbandsinteressen, sondern die des SR vertreten sollten. Ein Verband solle sich die Frage stellen, wen man finde, der Expertise mitbringe, um den SR gut kontrollieren zu können.
Die SR-Rundfunkratsvorsitzende Gisela Rink kritisierte die geplante Reduktion der Rundfunkratsmitglieder von derzeit 38 auf 29. Das Gremium erhalte mehr Aufgaben und solle künftig mithilfe einer Qualitätsrichtlinie dann auch das Programm beurteilen. „Wir brauchen aber auch Leute, die diese Aufgabe ausfüllen können“, betonte sie.
Die evangelischen Kirchen im Saarland begrüßten, dass entgegen der ursprünglichen Planung jeweils ein Sitz für die Religionsgemeinschaften im Rundfunkrat vorgesehen ist. Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann warnte in der Stellungnahme allerdings vor Rekrutierungsproblemen, wenn auf einen Mann immer eine Frau folgen muss und umgekehrt. Die bisher bestehende Soll-Regelung sei da besser. Schwierig sei es auch, wenn nach zwei Amtszeiten die entsendete Person ausgewechselt werden müsse. Die Gremienarbeit brauche Einarbeitungszeit und die Kompetenz gehe so zu früh verloren.