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Mariä Himmelfahrt – warum in Bayern darüber diskutiert wird

Gerechtigkeit oder Tradition? Unterschiedliche Regeln zum katholischen Feiertag Mariä Himmelfahrt sorgen in Bayern erneut für Aufregung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will, dass endlich alle frei haben.

Wer in Bayern lebt, hat es gut getroffen. Zumindest wenn es um die gesetzlichen Feiertage geht, die laut Verfassung der “seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe” dienen sollen. Vom Neujahrstag bis Weihnachten sind es zwölf, wie sonst nur in Baden-Württemberg und im Saarland. Für die meisten Menschen im Freistaat gibt es sogar noch einen mehr. Um diesen katholischen Feiertag ist nun wieder einmal eine heftige Diskussion entbrannt.

Wer in einer mittelfränkischen Großstadt arbeitet, schielt vielleicht am 15. August neidisch in den überwiegenden Rest des Freistaats. Katholische Christen begehen das Hochfest “Mariä Aufnahme in den Himmel”. Die evangelische Kirche kennt dieses nicht. Nur in Gemeinden, in denen mehr Katholiken als Protestanten wohnen, ist dieser Tag daher frei. Als Grundlage dienen die Daten des Zensus. Wenn sich die Bevölkerungsmehrheit verschiebt, können Gemeinden diesen Feiertag verlieren oder sich über einen neuen freuen. Für 2025 gilt erstmals die Statistik von 2022: Sechs Gemeinden bekommen den Feiertag neu dazu, zwei verlieren ihn.

In fast ganz Mittelfranken, in der Gegend um Bayreuth und in einigen verstreuten Orten im Freistaat muss am 15. August gearbeitet werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Mittelfranken ist damit nicht einverstanden. Dessen Geschäftsführer Stephan Doll bezeichnete die Regelungen als “Irrsinn”, der endlich abgeschafft gehöre. Auch der bayerische DGB-Chef Bernhard Stiedl forderte eine Reform. Unterstützung erhofft man sich von den Städten Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach und Ansbach – alle mehr evangelisch als katholisch.

Der DGB fragte bei den dortigen Oberbürgermeister-Kandidaten nach. Das Ergebnis: Jene von der CSU sind dagegen, den 15. August zum Feiertag für alle zu erklären. Als Grund führen sie unter anderem an, die religiöse Tradition bewahren zu wollen und verweisen auf wirtschaftliche Vorteile. Das sieht auch Thomas Jung so, der in Fürth für die SPD antritt und schon seit 2002 dort Oberbürgermeister ist. Denn Einzelhandel und Gastronomie in seiner Stadt profitierten davon, dass am 15. August gearbeitet wird.

Für seinen CSU-Konkurrenten Maximilian Ammon geht die regionale Differenzierung zwar in Ordnung. Zugleich schlägt er vor, eventuell darüber zu diskutieren, ob die zusätzliche Arbeitszeit anderweitig gerecht ausgeglichen werden könne. Die übrigen Kandidaten von SPD, Grünen, Linken und Freien Wähler sind – soweit bekannt und soweit sie antworteten – dafür, den Feiertag für ganz Bayern einzuführen. Sie begründen dies mit Gerechtigkeit, Gleichbehandlung, einer modernen Gesellschaft und praktischen Vorteilen für Familien und Betriebe.

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft kann solchen Vorschlägen nichts abgewinnen. Mehr Feiertage seien nicht zu rechtfertigen, sagte deren Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Der Tag solle Bürgerinnen und Bürgern in überwiegend katholischen Gemeinden die Möglichkeit zur inneren Einkehr und zur Reflexion geben und diene nicht vorrangig der Erholung. Allerdings haben auch evangelische Christen in mehrheitlich katholischen Gemeinden frei, aber Katholiken in überwiegend evangelischen Gemeinden nicht. Insgesamt wird in Bayern an Mariä Himmelfahrt in gerade einmal 348 von 2056 Gemeinden gearbeitet – also in rund 17 Prozent.

Was außerdem keine Rolle spielt: Das Verhältnis von Katholiken und Protestanten zur übrigen Bevölkerung. So leben etwa in München zwar mehr Katholiken als Protestanten. Fast zwei Drittel der Bevölkerung zählen sich aber zu keiner der beiden Konfessionen. Trotzdem haben alle Münchner am 15. August frei. Laut bayerischem Feiertagsgesetz gibt es für die Gemeinden, in denen der 15. August kein Feiertag ist, Sonderregeln – die auch für den Buß- und Bettag im November gelten: Arbeitnehmer der jeweiligen Konfession dürfen der Arbeit fernbleiben und dabei nicht mehr Nachteile als einen Lohnausfall erwarten.

Brauch ist an diesem Tag, Kräuterbuschen zu binden und diese segnen zu lassen. Der Legende nach hat ein wundersamer Kräuterduft das leere Grab Mariens erfüllt. Die in den Gottesdiensten mitgeführten Sträuße sollen die Achtung vor der Schöpfung und die liebende Zuwendung Gottes zu den Menschen symbolisieren. Traditionell werden Getreide, Heil- und Gewürzpflanzen eingebunden. Dazu gehören Johanniskraut, Salbei, Schafgarbe und Kamille, aber auch Majoran, Thymian, Bohnenkraut, Minze und Liebstöckel. Insbesondere in bäuerlichen Familien in Altbayern ist es üblich, mit den getrockneten Kräuterbuschen den Herrgottswinkel zu zieren.

Auch wenn diese Tradition bei evangelischen Christen nicht üblich ist – einen anderen Feiertag als Ausgleich, etwa den Reformationstag, gibt es für sie in Bayern nicht. Vorwiegend evangelische Kommunen haben einfach Pech gehabt. Für Protestanten mag die Jungfrau Maria nicht die gleiche Bedeutung haben wie für Katholiken: Vielleicht aber könnte ja ausnahmsweise der fromme Wunsch “Maria hilf!” nicht schaden.