Maria auf Augenhöhe

Die Austellung „Maria vor der Kamera“ in der Hauptkirche St. Trinitatis bietet neue Perspektiven auf die Mutter Gottes. Fotografien zeigen Maria als Kind ihrer Zeit – und als Heilige. – Von Catharina Volkert

Die Ausstellung zeigt verschiedenste Darstellungen der Jungfrau Maria, im Bild ist die aus einer Grotte in Bethlehem zu sehen.
Die Ausstellung zeigt verschiedenste Darstellungen der Jungfrau Maria, im Bild ist die aus einer Grotte in Bethlehem zu sehen.Debbie Hill / epd-bild

Altona. Ein Kindermädchen aus den 50er-Jahren: Es trägt ein hellblaues Kleid. Seine Wespentaille entspricht der Mode der Zeit. Im Arm hält die junge Frau ein Baby, fast nachlässig. Es handelt sich um eine Holzskulptur aus der Hauptstadt Kubas, Havanna. Das Kindermädchen ist Maria, die Mutter von Jesus.
Maria aus Kuba ist auf einer der Fotografien zu sehen, die bis zum 7. Februar im Kirchraum von St. Trinitatis in Altona zu betrachten sind. Die Ausstellung „Maria vor der Kamera“ bietet im Rahmen der Lutherdekade eine protestantische Perspektive auf die Mutter Gottes.
Pastorin Britta Eger, Initiatorin der Ausstellung, erklärt ihr Interesse an Maria zum Reformationsjubiläum: „Wir fragen, welche Rolle Maria für uns heute hat. Für Luther war es wichtig, dass sie die Erste war, die dem Engel glaubte, der die Geburt Jesu ankündigte – das war für ihn das erste Weihnachtswunder.“ 
Die Bilder stammen von Ursula Sonnenberg. Die Hamburger Fotografin hatte im Weihnachtsgottesdienst 2013 eine Predigt von Pastorin Eger gehört. Sie sprach über ihre eigene Fotografie einer Marienfigur aus dem Sanct Matthew’s Westminster London. Das Interesse der Fotografin an Mariendarstellungen war geweckt. „Ursula Sonnenberg hat mich gleich nach dem Gottesdienst angesprochen“, erinnert sich die Pastorin der Hauptkirche. „Sie hat sich von der Maria inspirieren lassen – und hat Figuren in ganz unterschiedlichen Ländern fotografiert.“ 
Sonnenberg lichtete Marien nicht nur in Kuba ab, sondern auch in Ländern wie Ungarn und Frankreich. Die Bilder zeigen, wie Christen weltweit Maria sehen und wie Epochen und Kulturen  ihre Vorstellungen prägen: als Frauenideal ihrer Zeit, wie das Kindermädchen aus den 50er-Jahren,  als ältere Frau in ein schlichtes Leinengewand gehüllt oder als königlich-mächtige Herrscherin mit Zepter in der Hand. Und die Fotografien zeigen, wie Ursula Sonnenberg selbst die Marien sieht. Perspektive, Lichtverhältnisse und Bildausschnitte offenbaren ihre Annährung an die Mutter Gottes. 
Pastorin Eger beobachtet, wie unterschiedlich die Besucher der Trinitatis-Kirche auf die Bilder reagieren. „Einige sagen: ‚Ach, mit Maria hat das nichts zu tun.‘ Sie sind über ihre Darstellung hier in der Ausstellung verwundert. Andere lassen sich von den unterschiedlichen Marien inspirieren.“ Als Rahmenprogramm der Ausstellung plante Britta Eger Vorträge, besondere Gottesdienste, auch zum „Mariencafé“ mit Kaffee, Kuchen und Klönschnack in der Kirche lädt sie ein.
Pastor Martin Hofmann aus der Christuskirche Othmarschen sprach über das Thema „Maria evangelisch“. Er sagt: „Maria ist für mich evangelisch, weil sie für mich mehr eine Schwester als eine Mutter ist. Sie begegnet uns auf Augenhöhe – durch sie verstehen wir Gottes Gnade.“ Mit Maria kämen Protestanten auf Tuchfühlung mit den Heiligen. Denn sie sei Beispiel einer Frau, die an Gott und seine Gnade glaubt. 
Maria begegnet Christen in Gotteshäusern vor allem durch die biblischen Texte, wie durch das „Magnificat“, ihrem Lobgesang. Vertonungen machen den Text berühmt. „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen“, heißt es dort. Hofmann bemerkt, wie glattgeschliffen diese Zeilen heute wirken: „Wenn wir das hören, dann muss uns das doch provozieren. Es ist nicht unser Lied.“ Für den Pastor sind die Worte Marias Worte für die Armen – wie die Menschen, die in diesem Jahr nach Hamburg geflohen sind. „Wir sind Zuhörer, wir können nicht in den Chor einstimmen“, sagt Hofmann, „und müssen uns deshalb etwas anhören.“
Die Ausstellung ist bis zum 7. Februar in der Hauptkirche St. Trinitatis, Kirchenstraße 40, zu sehen. Die Kirche ist Montag und Freitag von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Dienstag bis Donnerstag kann „Maria vor der Kamera“ von 8 bis 17 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen unter www.hauptkirche-altona.de.