Mäzen und Autor Reemtsma: Bin kein traumatisierter Mensch

Genau 33 Tage lang befand sich Jan Philipp Reemtsma 1996 in der Hand von Entführern. Sein Leben will der Mäzen gleichwohl nicht von diesem einschneidenden Erlebnis überschatten lassen.

Jan Philipp Reemtsma (71), Mäzen, Wissenschaftler und Autor, nennt seine Entführung 1996 ein traumatisches Erlebnis. Zugleich betonte er in einem „Spiegel“-Interview (Samstag), er sei kein traumatisierter Mensch. „Den Begriff ‚Trauma‘ sollte man im eng medizinischen Sinn gebrauchen. Das Wort wird zu inflationär benutzt“, erläuterte Reemtsma, der sich 33 Tage lang in der Gewalt der Entführer befand.

Leute bezeichneten sich als traumatisiert, „als wäre es etwas Erstrebenswertes, so genannt zu werden“, so der Mäzen weiter. „‚Opfer‘ von irgendwas zu sein befördert das Ansehen.“ Das sei eine ganz besonders abstoßende Mode. „Jemand hat mal zu mir gesagt: ‚Ich beneide Sie. Sie haben ein Schicksal.‘ Verrückt. Ich habe ein Leben, das viele Facetten hat, unter anderem auch diese. Unter anderem.“

Allerdings sei der Tod in seinem Leben „wohl präsenter, als er es ohne das Erlebnis wäre“, räumte Reemsma ein. „Die Erfahrung, dass man nicht nur einfach stirbt, sondern dass es von der Willkür eines anderen abhängt, ob man noch zehn Minuten, zehn Stunden oder überhaupt weiterlebt, ist ungeheuer prägend. Die wird man nicht mehr los.“