Lübeck zeigt internationale Ausstellung über das Tabuthema Tod
Von buddhistischen Vorstellungen von Wiedergeburt bis hin zur Friedhofskultur in Deutschland: Um Tod und Trauer dreht sich eine neue Ausstellung im Lübecker Industriemuseum Herrenwyk.
Um Tod und Trauer dreht sich eine neue Ausstellung im Lübecker Industriemuseum Herrenwyk. „Der Tod ist in der deutschen Neuzeit ein Tabuthema. Die Schau soll dazu ermutigen, sich schon zu Lebzeiten mit dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen“, sagte Ausstellungskurator und Ethnologe, Lars Frühsorge, in Lübeck. Rund 70 Exponate aus 25 Ländern geben Einblicke in Traditionen und Trends im Umgang mit dem Tod, darunter finden sich auch fröhliche Ansätze. Die Schau „Bestattungskulturen in Lübeck und der Welt. Vom Ruheort zum Coffin Dance“ läuft bis zum 23. Februar 2025.
Durch die Entwicklungen in der Medizin und den Jugendwahn in den Medien verschwinde das Thema Sterben aus dem Alltag der Menschen und verlagere sich in Krankenhäuser und Pflegeheime, erklärte Frühsorge. „Dabei betrifft der Tod uns alle“, betonte der Kurator. Andere Kulturen gingen deutlich offener mit dem Thema um. Zumal der Tod Menschen in der Vergangenheit immer wieder zu kulturellen Höchstleistungen angeregt habe. So zeigt die Schau etwa auch ein Foto von dem wohl berühmtesten Mausoleum der Welt, dem Taj Mahal in Indien.
Friedhöfe im Schrumpfprozess
Die Ausstellung spannt den Bogen von Zitaten aus dem tibetischen Totenbuch über die buddhistischen Vorstellungen von Tod und Wiedergeburt bis hin zur hiesigen im Wandel begriffenen Friedhofskultur. Vor dem Hintergrund, dass sich viele Menschen mittlerweile für Ruheforste oder Seebestattungen entscheiden, sind die Friedhöfe im Schrumpfprozess. So wird etwa der 53 Hektar große Vorwerker Friedhof in Lübeck bis 2050 zwei Drittel seiner Fläche verlieren.
Eine Vitrine mit bunt gekleideten Skelett-Figuren widmet sich dem „Tag der Toten“, einem der wichtigsten mexikanischen Feiertage. Drei Tage lang gedenken die Menschen ihrer Verstorbenen in farbenfrohen Kostümen, mit Festumzügen und Partys.
Sarg in Gestalt eines Mercedes Benz
Auf einem Bildschirm ist auch ein Video vom „Coffin Dance“ zu sehen. Er wurde vor einigen Jahren von einem Bestattungsunternehmer in Ghana erfunden, wo die Menschen den Tod als Tor zum Ewigen Leben feiern. Beim „Coffin Dance“ tanzen Männer beim Tragen des Sargs eine mitreißende Choreografie. In der Corona-Pandemie verbreitete sich das Video weltweit. „Es stand als Symbol für den Tod. Wer keine Maske trägt, wird von den Sargträgern abgeholt“, erklärte Frühsorge.
Herzstück der Ausstellung ist ein Sarg in Gestalt eines Mercedes Benz-Modells aus den 1990er Jahren. Er wurde von einer Sargwerkstatt in Ghana extra für die Schau in Lübeck angefertigt. „In Ghana ist es üblich, figürliche Särge zu bauen, als Hommage an die Verstorbenen“, sagte Frühsorge. Wohlhabende Frauen in Ghana trügen oft den Titel „Mama Benz“, weil sie sich, sobald sie genügend Geld verdient hätten, ein solches Auto kauften.
Probeliegen im Sarg
Am Ende der Schau steht schließlich ein herkömmlicher Sarg aus dunklem Holz mit roten Kissen. Er soll zum Probeliegen einladen. „So kann man einen persönlichen Umgang mit dem Sterben finden und schon vorab entscheiden, was man möchte und was nicht“, erklärte der Kurator. In Südkorea sei es ein neuer Trend bei jungen Influencern, Freunde und Familie einzuladen und seine eigene Beerdigung schon zu Lebzeiten durchzuspielen. Bei der richtigen Beerdigung später sei man ja schließlich nicht mehr dabei.