Liturge Kranemann: Wortgottesfeier erfüllt Sonntagspflicht
In der katholischen Kirche ist der Sonntag vor allem mit der Eucharistiefeier verknüpft. Das sei eine Engführung, kritisiert der Erfurter Theologe Benedikt Kranemann und schlägt eine größere Offenheit vor.
Der Erfurter Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann hat für eine offenere Interpretation von “Sonntagsliturgie” plädiert. “Wo sonntags keine Eucharistie gefeiert werden kann, feiern die Menschen eine andere Liturgie und erfüllen damit das, was man ‘Sonntagspflicht’ nennt”, sagte Kranemann dem Internetportal katholisch.de (Montag).
Kranemann warnte davor, sonntägliche Wortgottesfeiern als “Ersatz” für die Eucharistiefeier zu bezeichnen. Auch außerhalb der Heiligen Messe werde “Christuspräsenz gefeiert”, so Kranemann. “Hier versammelt sich Kirche um den im Wort gegenwärtig geglaubten Christus.” Der Sonntag werde aus guten Gründen mit der Eucharistie verbunden, aber die Praxis in Deutschland und der Weltkirche zeige eine Veränderung dieser Gewohnheit.
Entscheidend sei, dass es sonntags vor Ort überhaupt Gottesdienste gebe, so der Liturgiewissenschaftler. Durch die Versammlung konstituiere sich Kirche. “Wenn das in Form der Eucharistiefeier geschieht, wird eine intensive Form des Mahls mit und um Christus gefeiert, das ist lange Tradition.” Wo das aber nicht mehr möglich sei, feierten die Gläubigen Christus-Gegenwart eben in anderer Form.
Die unterschiedlichen Gottesdienstformen hätten etwas mit dem eigenen Kirchenbild zu tun, so Kranemann. “Wenn man sie stark priesterzentriert denkt, wird vor allem und ausschließlich die Eucharistie betont. Wenn man aber Kirche von der Würde aller Getauften her denkt, ist man neben der Eucharistie bei einer ganzen Fülle von Gottesdienstformen, die in einer Gemeinde ihren Platz haben und die unterschiedlich verantwortet und geleitet werden kann.”
In den vergangenen Jahren habe es jedoch einen Verlust von Gottesdienstformen gegeben, so der Liturgiewissenschaftler. Die Kirche sei daher gut beraten, Vielfalt zu fördern. “Die Bistümer sollten dafür sorgen, dass diese vielfältige Gottesdienstlandschaft auch wirklich gelebt werden kann”, so Kranemann. Unter den Gläubigen gebe es viel Kompetenz und Leidenschaft für verschiedene Gottesdienstformen, wie Andachten, Taize-Gebet und die Stundenliturgie.