Literaturarchiv erhält Teilnachlass von Rosenstock-Huessy
Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach erhält einen Teilnachlass des Religionsphilosophen Rosenstock-Huessy. Er zähle zu den originellsten Köpfen des deutsch-jüdischen Religionsgesprächs.
Das Deutsche Literaturarchiv (DLA) in Marbach erhält einen Teilnachlass des Religionsphilosophen und Sprachforschers Eugen Rosenstock–Huessy (1888-1973). Er zähle zu den originellsten Köpfen des deutsch-jüdischen Religionsgesprächs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, teilte das Literaturarchiv in Marbach mit.
Ende der 1920er-Jahre hatte Rosenstock–Huessy mit dem jungen Helmuth James von Moltke die „Löwenberger Arbeitsgemeinschaft“ initiiert, aus der im Nationalsozialismus die Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ entstand. Die Mitglieder der Gruppe entwickelten Ideen für die Zeit nach dem Ende der Diktatur. Unter den von den Nationalsozialisten ermordeten Mitgliedern des Kreises war auch Helmuth James Graf von Moltke. Dessen Witwe Freya von Moltke war später die Lebensgefährtin von Eugen Rosenstock–Huessy.
Studie „Die Sprache des Menschengeschlechts“
Ursprünglich Rechtshistoriker, Soziologe und Philosoph, interessierte sich Rosenstock–Huessy im Lauf seines Lebens immer stärker für das Thema Sprache, etwa in seiner zweibändigen Studie „Die Sprache des Menschengeschlechts“ (1963/64). Rosenstock–Huessy war jüdischer Herkunft, konvertierte aber als Jugendlicher zum protestantischen Christentum. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war er mit dem jüdischen Philosophen Franz Rosenzweig (1886-1929) befreundet, so das Literaturarchiv.
Seit 1923 lehrte Rosenstock–Huessy in Breslau Rechtsgeschichte. Direkt nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wanderte er 1933 mit seiner Familie in die USA aus. „Zurück blieb ein großer Holzkasten, ein sogenannter Offizierskoffer, mit Manuskripten, Briefen und anderen Materialien, der von der Haushälterin der Familie gerettet und viele Jahre verwahrt wurde“, so das Literaturarchiv. Dieser „Breslauer Koffer“ bildet den Kernbestand des Teilnachlasses, den das Deutsche Literaturarchiv nun von der Eugen-Rosenstock–Huessy-Gesellschaft erhielt.