Für sein langjähriges Engagement als Brückenbauer in der Gesellschaft sowie für seinen Einsatz für einen aufgeklärten Islam und den interreligiösen Dialog ist der Penzberger Imam Benjamin Idriz am Mittwochabend mit dem Preis der Thomas-Dehler-Stiftung ausgezeichnet worden. „Imam Idriz ist ein Vorbild“, sagte die frühere FDP-Bundesjustizministerin und Laudatorin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei der Verleihung im Münchner Künstlerhaus. Sie würdigte Idriz‘ Einsatz für ein friedliches Miteinander, gegenseitiges Verstehen und das respektvolle Aussprechen von Unterschieden, „denn das macht eine liberale Demokratie aus“.
Idriz nutzte seine Dankrede als Bekenntnis für sein Islam-, Gemeinde- und Demokratieverständnis. Er habe sich in den 30 Jahren seines Wirkens im oberbayerischen Penzberg stets geweigert, den Islam für politische Zwecke zu instrumentalisieren, sagte der im nordmazedonischen Skopje geborene Theologe. In der Penzberger Moschee werde auf Deutsch gepredigt und unterrichtet, Frauen stünden an der Spitze des Gemeindevorstands. Die Gemeindemitglieder mit ihren unterschiedlichen Wurzeln eine „dieses Land, Deutschland – seine demokratischen Werte, sein Grundgesetz und unsere gemeinsame Zukunft im Hier und Jetzt“. Wer all diese Bemühungen ignoriere und verleumde, zeige einen „tiefsitzenden antimuslimischen Rassismus“, betonte der 53-Jährige.
Mit Blick auf die Kritik im Vorfeld der Veranstaltung stellte der Imam klar: „Für uns Muslime gilt: Judenhass ist ein absolutes No-Go. Kippa, Davidstern, Tora oder Synagoge – sie sind für uns ebenso heilig und schützenswert wie das Kopftuch, der Koran und die Moschee.“ Idriz, der auch Vorsitzender des Münchner Forums für Islam ist, kündigte als neue Initiative der Verständigung „eine gemeinsame Resolution oder ein Abkommen“ an, in dem sich jüdische und muslimische Menschen in Deutszx76chland „gegenseitig verpflichten, einander in ihren Rechten und in ihrem Leben zu schützen“.
In ihrer Laudatio betonte Leutheusser-Schnarrenberger, Idriz zeige mit seiner Gemeinde seit 30 Jahren, dass in Deutschland lebende Muslime „die Werte und Traditionen, die Kultur und selbstverständlich die Gesetze und Rechtsordnung achten“ müssten. Gerade als Freundin Israels halte sie es für ihre Aufgabe, „solche Muslime zu unterstützen gegen falsche Unterstellungen“, betonte die Vizepräsidentin der bayerischen Thomas-Dehler-Stiftung. Die Kritik ihrer Parteikollegen an der Wahl des Preisträgers könne sie nicht nachvollziehen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Veranstaltung. „Vielleicht würde da eine echte Begegnung helfen“, statt Kritik ohne tiefergehende Prüfung zu übernehmen.
Am Tag der Preisverleihung hatten FDP-Parteichef Christian Dürr und die Europa-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann die Personalie Idriz kritisiert. Zuvor hatte das Linke Bündnis gegen Antisemitismus und die Deutsch-israelische Gesellschaft dem Imam ein mangelndes Bekenntnis zum Existenzrecht Israels und eine unklare Haltung beim Thema Antisemitismus vorgeworfen. Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München, Charlotte Knobloch, hatte gefordert, die Preisverleihung abzusagen.
Unterstützung kam hingegen vom Münchner evangelischen Regionalbischof Thomas Prieto Peral und der Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) sowie bei der Preisverleihung von der Beauftragten für interreligiösen Dialog der bayerischen Landeskirche, Mirjam Elsel, und dem SPD-Stadtrat Marian Offman, der auch Mitglied im IKG-Vorstand ist und im Auftrag der Landeshauptstadt den interreligiösen Dialog begleitet. Er attestierte Idriz in seinem Grußwort „eine ganz klare Haltung gegen Antisemitismus“.
Stiftungspräsident Thomas Hacker bedauerte in seiner Begrüßung, dass im Vorfeld der Preisverleihung „Konfrontation statt Versöhnung, Emotion statt Vernunft“ die öffentliche Debatte geprägt hätten. Man zeichne Imam Idriz nicht aus, „weil wir mit jedem seiner Posts übereinstimmen“, sondern weil er seit Jahren „für den Dialog, für Versöhnung, für ein Aufeinander-zugehen“ stehe. Das sei gerade in einer polarisierten Gesellschaft wichtiger denn je.
Die bayerische Thomas-Dehler-Stiftung, eng verbunden mit der bundesweit tätigen Friedrich-Naumann-Stiftung, verleiht ihren nicht-dotierten Preis in unregelmäßigen Abständen. Die letzte Preisträgerin war im Jahr 2024 die Historikerin Mirjam Zadoff, Leiterin des Münchner NS-Dokumentationszentrums. (3388/30.10.2025)