Im Prozess wegen Brandstiftung mit vier Toten in Solingen hat das Landgericht Wuppertal den Angeklagten wegen Mordes und drei Fällen des versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Kammer habe die besondere Schwere der Schuld festgestellt sowie eine anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet, weil von dem 40-Jährigen aufgrund seiner Persönlichkeit weiterhin eine „besonders hohe Gefahr“ für die Begehung schwerer Straftaten ausgehe, erklärte das Gericht am Mittwochabend. (AZ.: 25 Ks 20/24)
Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gelte er als unschuldig, erläuterte das Landgericht. Innerhalb einer Woche könne gegen das Urteil Revision eingelegt werden, über die der Bundesgerichtshof entscheiden müsse.
Der Angeklagte hatte im Laufe des Prozesses gestanden, das Feuer am 25. März vergangenen Jahres im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses gelegt zu haben. Eine im Dachgeschoss lebende vierköpfige Familie aus Bulgarien starb bei dem Brand. Weitere Hausbewohner konnten sich durch Sprünge aus dem Fenster des brennenden Wohnhauses retten. Sie erlitten teilweise schwere Verletzungen und schwere Verbrennungen.
Das Gericht geht davon aus, dass der Angeklagte das Mehrfamilienhaus bereits in der Nacht zum 9. November 2022 aufgesucht habe. Damals solle er unter anderem mehrere mit einer brennbaren Flüssigkeit durchtränkten Grillanzünder abgelegt und angezündet haben. Die Bewohner hätten das Feuer rechtzeitig bemerkt, sodass die Feuerwehr den Brand hätte löschen können, „bevor es zu einer Durchzündung des Treppenhauses gekommen sei“. Am 16. Februar 2024 soll er den Angaben zufolge versucht haben, ein weiteres Wohnhaus in Solingen in Brand zu setzen.
„Nach der Überzeugung der Kammer hat der Angeklagte billigend in Kauf genommen, dass Menschen zu Tode kommen und hierbei zwei Mordmerkmale verwirklicht“, erklärte das Gericht. Die Kammer habe die Tat als heimtückisch bewertet, weil er „die Arg- und Wehrlosigkeit der Hausbewohner mitten in der Nacht“ ausgenutzt habe.
Die Tat hatte Erinnerungen an den rassistischen Anschlag von Pfingsten 1993 geweckt, als vier junge Männer aus der Neonazi-Szene in Solingen das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Brand setzten. Migrantenvertreter und Nebenkläger vermuteten auch bei dem Brandanschlag vom März 2024 einen rassistischen Hintergrund, dafür gab es nach Einschätzung der Ermittler aber keine Hinweise.
Auch das Gericht habe trotz weiterer beauftragter Ermittlungen keine rechtsradikale Gesinnung feststellen können. Stattdessen habe die Kammer den Eindruck gewonnen, dass er kein besonders politisch interessierter Mensch sei und „aus rein selbstsüchtigen Motiven gehandelt“ habe, erklärte das Gericht. Sämtliche Tatorte hätten einen biografischen Bezug zu dem Anklagten. So habe er auch am 8. April 2024 einen Freund in dessen Solinger Wohnung besucht, anlasslos mit Reizgas in dessen Richtung gesprüht und danach mehrfach mit einer Machete auf dessen Kopf eingeschlagen. Der Zeuge hätte notoperiert werden müssen. Auch diese Tat wertete die Kammer als heimtückisch und „besonders perfide“.