Verantwortliche für Hinrichtungen in den USA äußern sich nur sehr zurückhaltend über ihre Arbeit. Vollzugsbehörden halten die Namen der Männer geheim, die im „Hinrichtungsteam“ Aufsicht führen, die chemischen Mittel vorbereiten, die zum Tode Verurteilten fesseln und die Kanülen anlegen. Ron McAndrew, Ende der 1990er Jahre zuständig für die Exekutionen im US-Staat Florida, ist einer der wenigen, der redet.
Der 86-Jährige lehnt die Todesstrafe heute ab. Sie ist in 27 der 50 Bundesstaaten möglich. Er sei konservativ eingestellt, sagte McAndrew dem Evangelischen Pressedienst (epd), doch die Todesstrafe sei für die öffentliche Sicherheit nicht nötig. Lebenslange Haft genüge. Das Hinrichten sei ein „vorsätzliches, zeremonielles, politisches Töten“.
Die Meinungen der Bürger in den verschiedenen Bundesstaaten fallen unterschiedlich aus, doch viele Menschen sind für die Todesstrafe. Wenn ein Gouverneur Hinrichtungsbefehle unterzeichnet, orientiert er sich meist aus politischen Gründen an der Mehrheit.
Er selbst sei früher ein starker Befürworter der Todesstrafe gewesen, erzählte McAndrew: „Ich bin auf einem kleinen Bauernhof in North Carolina aufgewachsen.“ Seine Großeltern seien „gute Christenmenschen“ gewesen. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, an diesem Bibelzitat habe er sich orientiert. Nach seinem Dienst in der Luftwaffe und Tätigkeit in der Wirtschaft landete McAndrew Ende der 1970er Jahre auf der Suche nach einem Job im Justizvollzug in Florida.
Er stieg bis zur Leitung des Gefängnisses auf, in dem Hinrichtungen erfolgen. Dort war er 1996 und 1997 für drei Tötungen zuständig, damals noch mit Strom auf dem elektrischen Stuhl. Er habe viel über Verurteilte erfahren, das habe ihn persönlich getroffen. Die Worte der Mutter eines Verurteilten ließen ihn nicht mehr los. „Direktor“, habe sie gesagt, „Sie haben einen schweren Job.“ Sie aber werde wenigstens „eine Chance haben, mein Baby zu umarmen, bevor Sie ihn töten“.
Das Töten ist für die Vollstrecker mit psychischen Belastungen verbunden. Ron McAndrew berichtete, dass ihn die drei Männer, die er hingerichtet habe, in seinen Gedanken „mitten in der Nacht heimsuchten, am Rande seines Bettes saßen und ihn ansahen“. Das sei fürchterlich gewesen. Er sei sich bewusst gewesen, dass er nicht einfach nur seine Pflicht erfülle, sondern eine Schuld trage. Zum Einschlafen habe er eine ganze Flasche Scotch getrunken und sich später in therapeutische Behandlung begeben.
McAndrews letzte Hinrichtung von Pedro Medina, eines wegen Mordes zum Tod verurteilten Einwanderers aus Kuba, sorgte für internationales Aufsehen. „Wir haben einen Mann zu Tode verbrannt“, sagte McAndrew dem epd. In Medienberichten hieß es, eine Flamme sei von der Ledermaske vor Medinas Gesicht in die Höhe geschossen. Floridas Gouverneur habe daraufhin mit dem Gouverneur von Texas und späteren US-Präsidenten George W. Bush vereinbart, dass McAndrew in Texas die dortige Methode der letalen Injektion erlernen durfte.
Injektionen sind heute in den USA die gebräuchlichste Methode bei Hinrichtungen. Auch Erschießen und Ersticken werden angewendet. Florida ist 2000 auf die Injektion umgestiegen, doch McAndrew konnte den Job nicht mehr machen. Er habe sich selbst „als Mensch gründlich geprüft“ und sei zum Schluss gekommen, „dass ich niemals, niemals wieder“ die Tötung eines Mitmenschen unterstützen könne, abgesehen von Selbstverteidigung, der Vereidigung eines anderen oder zum Schutz seines Landes. McAndrew lebt heute im Ruhestand in Florida.