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Landtag forciert Missbrauchsschutz – Ministerin plant Kinder-Hotline

Bayerns Sozialministerium hat erst im November abgelehnt, in Bayern ein eigenes Modell zur unabhängigen Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch zu schaffen. Nun hat der Landtag dem Haus zu dem Thema einen Auftrag erteilt.

Missbrauchsbetroffene sollen in Bayern nächstes Jahr neue Hilfsangebote bekommen. Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) kündigte am Donnerstag in München an, eine zentrale Kinderschutz-Hotline einzurichten. Sie sei vor allem für Kinder und Jugendliche gedacht, die von sexueller, körperlicher oder seelischer Gewalt oder Vernachlässigung bedroht oder betroffen seien. “Damit wird ein bundesweit einzigartiges Angebot geschaffen”, sagte Scharf.

Die Staatsregierung werde zudem das Landesjugendamt als unabhängige Anlaufstelle ausbauen: “Künftig soll dort eine landesweite Ombudsstelle junge Menschen und ihre Familien bei Konflikten in der Kinder- und Jugendhilfe beraten und zwischen den Beteiligten vermitteln”, erklärte die Ministerin. Dazu sei das Amt personell verstärkt worden.

Scharf äußerte sich, nachdem der Sozialausschuss im Landtag sich erneut mit der Petition “Gewalt an Kindern und Jugendlichen entschlossen entgegentreten” befasst hatte. In einem gemeinsamen Antrag erteilten laut “Münchner Merkur” CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD der Staatsregierung den Auftrag, einen strukturierten Prozess zur Weiterentwicklung von Kinderschutzkonzepten unter Beteiligung der Betroffenen zu starten. “Der Landtag hat der Staatsregierung die Zähne gezeigt”, zitierte die Zeitung die Ausschussvorsitzende Doris Rauscher (SPD).

Die Abgeordneten seien von den Nöten und Bedürfnissen der Missbrauchsbetroffenen derart berührt, dass sie diese Menschen nicht im Regen stehen lassen wollten, so der “Merkur” weiter. Der Vize-Sozialausschussvorsitzende Thomas Huber (CSU) sagte demnach, das Abstimmungsverhalten seiner Parteikollegen sei “keine Emanzipierung” gegenüber der Regierung. “Es ist unser aller moralischer Auftrag, verständlich zu machen, was in der Vergangenheit hätte verhindert werden können, welche Unterstützung Kinder damals gebraucht hätten und Betroffene heute benötigen.”

Richard Kick, Sprecher des unabhängigen Betroffenenbeirats im Erzbistum München und Freising, sagte laut “Merkur”: “Ich bin sehr froh darüber, dass der Landtag die Rolle an sich gezogen hat, um die Dinge voranzutreiben.”

Das Sozialministerium hatte es im November abgelehnt, in Bayern ein eigenes Modell zur unabhängigen Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch zu schaffen. Damit reagierte es auf eine im April im Landtag eingereichte Petition, die der Betroffenenbeirat angestoßen hatte. Im Sozialausschuss des Landtags fand die Petition im Juli starke Befürworter. Einstimmig beschloss man, das Sozialministerium zu einer Würdigung aufzufordern. Dessen zuvor eingebrachte Stellungnahme genügte den Mitgliedern nicht. In der ablehnenden Begründung erklärte das Ministerium dann später, Doppelstrukturen vermeiden und bestehende Angebote stärken zu wollen.

Die Sozialministerin verwies nun abermals auf die schon existenten Angebote. Deren Weiterentwicklung und das Thema Aufarbeitung seien eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. “Hierzu hat die Petition weitere wichtige Anstöße gegeben.”