Landgericht erlaubt Einbau von Schröders Reformationsfenster

Die Herstellung läuft bereits, jetzt hat das Landgericht entschieden: Das umstrittene Reformationsfenster darf eingebaut werden. Geklagt hatte der Erbe des Kirchen-Architekten.

Kichenvorstand Reinhard Scheibe (v.l.), Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann und Stadtsuperintendent Hans- Martin Heinemann zeigen im April 2018 ein Modell des Fensters
Kichenvorstand Reinhard Scheibe (v.l.), Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann und Stadtsuperintendent Hans- Martin Heinemann zeigen im April 2018 ein Modell des FenstersHarald Koch / epd

Hannover.Das von Altkanzler Gerhard Schröder gestiftete „Reformationsfenster“ für die Marktkirche in Hannover darf im kommenden Jahr wie geplant eingebaut werden. Das Landgericht Hannover erlaubt die Installation des 13 Meter hohen Kunstwerks, das von dem Künstler Markus Lüpertz entworfen wurde. Die Richter wiesen damit eine Klage des Architekten-Erben Georg Bissen zurück, der sich auf die Urheberrechts seines verstorbenen Stiefvaters Dieter Oesterlen berufen hatte. Oesterlen hatte die im Krieg zerstörte spätgotische Kirche nach 1946 wiederaufgebaut und neu gestaltet.

In der Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Florian Wildhagen, der Einbau des Buntglasfensters werde die Wirkung des Raums zwar beeinträchtigen. „Wir sind aber zu der Entscheidung gekommen, dass ein Eingriff ins Urheberrecht gerechtfertigt werden kann.“ Die Richter stuften die Marktkirche als „Gebrauchskunstwerk“ ein, das nicht unveränderlich bleiben müsse wie ein Denkmal: „Der Urheber muss sich darauf einrichten, dass sich im Laufe der Zeit Änderungen des Gebrauchs ergeben.“

Alle Sinne angesprochen

In dem 40-seitigen Urteil hält das Gericht fest, dass das neue Fenster zwar den Lichteinfall und die Blickachsen verändere. Doch die roten Backsteinwände und der Fußboden blieben unberührt. Die Richter stützen sich bei ihrer Abwägung auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit. Der Kirche müsse zugestanden werden, ihre Lehren nicht nur über das Wort zu verbreiten, sondern auch durch Kunst oder Musik sagte Wildhagen: „Es geht darum, alle Sinne des Menschen anzusprechen.“


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Das Fenster zeigt eine große weiße Figur, die den Reformator Martin Luther darstellen soll, sowie zahlreiche Einzelmotive mit Bezug zur Reformation. Für kontroverse Diskussionen sorgen unter anderem fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen sollen.

Der Vorstand der Marktkirche begrüßte das Urteil. „Es kann wegweisend für vergleichbare Fälle sein“, sagte der Vorsitzende Reinhard Scheibe nach dem Ende des Prozesses. Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann betonte: „Das Fenster wird ein touristischer Magnet für Hannover werden.“

Die Marktkirche lädt zum Adventskalender
Die Marktkirche lädt zum AdventskalenderChristian A. Schröder / Wikimedia

Der Kirchenvorstand der Marktkirche hatte die Herstellung des Fensters bereits vor einigen Monaten bei der Glasmanufaktur Derix im hessischen Taunusstein in Auftrag gegeben. Es ist schon halb fertig. Altkanzler Schröder hat es der Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover gespendet und die bisherigen Kosten für die Herstellung nach Angaben der Kirche bereits beglichen. Anlass war das Reformationsjubiläum 2017. Die Gesamtkosten werden auf rund 150.000 Euro geschätzt. Schröder wollte dafür Vortragshonorare weitergeben. Der Architekten-Erbe Bissen kann innerhalb von vier Wochen Berufung gegen das Urteil einlegen. (epd)