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Landesbischof mahnt Stadt Langenau: Antisemitische Zustände beenden

Eine Kirchengemeinde im württembergischen Langenau wird seit eineinhalb Jahren antisemitisch angefeindet. Am Sonntag kam es zu Handgreiflichkeiten vor der Martinskirche. Landesbischof Gohl kritisiert die Kommune scharf.

Nach der Eskalation der Lage im württembergischen Langenau nahe Ulm mit erneuten Anfeindungen gegen die dortige evangelische Gemeinde macht Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl der Kommune Vorwürfe. Jetzt sei “ein Punkt erreicht, wo man endlich diese untragbaren Zustände beenden muss”, sagte Gohl am Mittwoch in einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch. Bisher habe die Stadt “sehr lange zugewartet”. In Langenau sei versucht worden, “es auszusitzen”.

Dringend nötig sei hingegen eine Allgemeinverfügung, die solche antisemitisch motivierten Demonstrationen vor der Kirche zumindest für mehrere Monate verbiete. “Meinungsfreiheit ja, aber nicht unbedingt vor der Kirche, wo man Kirchenbesucher unter Druck setzt”, betonte Gohl. Er verwies auf das Grundrecht der freien Religionsausübung.

Am Sonntag war es laut Landeskirche vor der evangelischen Martinskirche zu Handgreiflichkeiten zwischen Pro-Palästina-Demonstrierenden und Gottesdienstbesuchern gekommen. Demonstranten hätten laut einer Augenzeugin Beschimpfungen wie “Nazis”, “Völkermörder” und “Rassisten” gerufen, so die Landeskirche. Auch eintreffende Polizeibeamte seien von den Demonstranten beschimpft worden.

Eine Handvoll Aktivisten wolle “den Pfarrer und die Gemeinde zermürben”, sagte Gohl. Gemeindemitglieder sprächen von einem “Spießrutenlauf jeden Sonntag”. Seit eineinhalb Jahren würden Ortspfarrer Ralf Sedlak und seine Familie in einer Weise persönlich diffamiert, die nicht hinzunehmen sei. “Wir haben ihm einen auf antisemitische Straftaten spezialisierten Anwalt aus Berlin zur Seite gestellt, damit er auch rechtlich gut beraten wird”, erklärte Gohl.

Sedlak hatte in einem Gottesdienst nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel im Oktober 2023 Solidarität mit den israelischen Opfern zum Ausdruck gebracht. Seitdem erleben die Gemeinde und deren Pfarrer Anfeindungen. Im Dezember 2024 wurden antisemitische Schmierereien an der Martinskirche und am Rathaus entdeckt. “Boycott Israel” und “Juden vergasen” war laut Polizei in roter Farbe auf die Mauern gesprüht.

“Es kann nicht sein, dass Sonntag für Sonntag Gottesdienstbesucherinnen und -besucher bedrängt und eingeschüchtert werden, so dass viele Gemeindeglieder inzwischen den Gottesdienst in der Martinskirche nicht mehr besuchen”, beklagte der Landesbischof.