Landesbischof-Kandidatin: Sinn geben in einer dynamischen Welt

Neue Formen der Kirche beobachte sie mit Begeisterung, sagt die Regionalbischöfin. Auch Leitung von Kirche werde wahrscheinlich experimentierfreudiger werden.

Regionalbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt
Regionalbischöfin Kristina Kühnbaum-SchmidtKarina Erdmann

Hamburg. Über Halt und Resonanzerfahrungen in einem ständig beschleunigten Alltag sprach Kristina Kühnbaum-Schmidt, Regionalbischöfin der Ev. Kirche in Mitteldeutschland (EKM), im Hamburger Dorothee-Sölle-Haus. Mit ihrem Vortrag bewarb sich die 53-Jährige um die Nachfolge von Landesbischof Gerhard Ulrich. Gegenkandidat ist der Hamburger Propst Karl-Heinrich Melzer. Beide haben somit eine Predigt im Schweriner Dom und einen Vortrag gehalten, um sich vorzustellen. 
Die Bischofswahl durch die 156 Mitglieder der Landessynode soll am Donnerstag, 27. September, im Lübecker Dom um 16 Uhr stattfinden. Gerhard Ulrich geht am 31. März 2019 in den Ruhestand. Er ist der erste Landesbischof der 2012 neu gegründeten Nordkirche.

"Eine plurale, vielfältige Kirche"

Um in der immer schneller werdenden Welt bestehen zu können, helfen Resonanzerfahrungen, so Kühnbaum-Schmidt. Denn die Welt sei so dynamisch, dass sich Dinge häufig nur noch ändern, aber nicht mehr entwickeln. Da könne sich auch der Mensch kaum noch in Ruhe entwickeln. Resonanz sei ein Zustand, bei dem "etwas in uns zu schwingen beginnt". "Eine Art In-der-Welt-Sein, bei dem uns etwas berührt, bewegt, ergreift." Eine Form, Resonanz zu erleben sei das religiöse Erleben. Das Erfahren von Sinn.
Sie beobachte mit Begeisterung neue Formen der Kirche, wie beispielsweise die Pop-Up-Church oder das frisch gegründete Nordkirchen-Werk "Kirche im Dialog". Das seien Anzeichen für eine plurale, vielfältige Kirche. Und genau die brauche es in einer pluralen, vielfältigen Gesellschaft. Das werde Kirche nicht weniger anstrengend, weniger kommunikativ machen, dafür aber vielfältiger, dynamischer und wahrscheinlich auch lebendiger. "Leitung von Kirche wird wahrscheinlich auch experimentierfreudiger werden." 
In dem Vortrag skizzierte sie vorweg sehr persönlich, wie sie in ihrem Leben Kirche kennengelernt hat. Anhand von drei Lebensphasen definierte sie drei Sozialformen von Kirche: als Institution Volkskirche, als Bewegung aktiver und engagierter Christenmenschen und als Organ, eine Körperschaft mit klaren Regeln und Gesetzen. "Ein ‚Hybrid‘ sozusagen". Wie bei dem Hybrid-Auto könnten die drei Kräfte nur im gegenseitigen Wechsel funktionieren.

In Braunschweig ordiniert

Pröpstin Kristina Kühnbaum-Schmidt ist seit 2013 Regionalbischöfin der EKM für den Propstsprengel Meiningen-Suhl in Thüringen. Sie wurde 1964 in Braunschweig geboren und studierte evangelische Theologie in Göttingen und Berlin. Nach einer Tätigkeit als Hochschulassistentin für Neuere und Neueste Kirchengeschichte und dem Vikariat legte sie die zweite theologische Prüfung in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig ab und wurde dort 1995 ordiniert.
Von 1995 bis 2002 arbeitete sie in Braunschweig als Pfarrerin in der Kirchengemeinde Wichern, dann in der Propstei-Pfarrstelle für Öffentlichkeitsarbeit und ab 2004 in der Kirchengemeinde St. Petri. Ab 2009 war sie zusätzlich pastoralpsychologische Beraterin und Supervisorin ihrer Landeskirche und Dozentin für Seelsorge am Predigerseminar. 2015 wurde sie in die Leitung der Vereinigten Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) gewählt. Zudem gehört sie zum Beirat der Führungsakademie für Kirche und Diakonie in Berlin. Kristina Kühnbaum-Schmidt ist Sprecherin von Rundfunkandachten beim MDR. Sie ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. (epd)