Kurzkritiken zu den Kinofilmen der Woche

In Zusammenarbeit mit dem Kinoportal filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission bietet die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) Kurzkritiken zu Filmen an, die ab Donnerstag, 18. Januar, in den deutschen Kinos anlaufen – sortiert nach Bewertung (siehe unten) und bei gleicher Anzahl der Sterne nach Alphabet:

  

Ein junger Iraner heuert als Fischer am Kaspischen Meer an, um sich das Geld für die Heirat mit seiner Freundin zu verdienen. Da die Arbeiter von ihren Chefs ausgebeutet werden, kommt er seinem Ziel erst näher, als er sich auf illegale Machenschaften einlässt. Dadurch aber löst er sich Schritt für Schritt von seinen moralischen Grundsätzen. Melancholisches, in rauen Bildern umgesetztes Drama über die prekäre Situation jüngerer Iraner, denen Geld und Beziehungen fehlen. Der mit expliziter Gesellschaftskritik eher zurückhaltende Film fesselt durch die Nähe zur Hauptfigur, deren fatale Entscheidungen glaubhaft aus dem Gefühl der Verlorenheit resultieren. – Sehenswert ab 14.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/621009/leere-netze

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Elf Monate, nachdem die Primaballerina Giulia Tonelli ihre Karriere vorübergehend aussetzte, weil sie Mutter wurde, kehrt die Balletttänzerin im Frühjahr 2019 wieder ans Zürcher Opernhaus zurück. In den folgenden drei Jahren begleitet der Film den schwierigen Spagat der Künstlerin zwischen Karriere und Familie. Während der durch die Corona-Pandemie bedingten zweiten Pause entsteht der Wunsch, sich stärker Richtung Schauspiel zu entwickeln. Der visuell ambitionierte Dokumentarfilm erzählt empathisch im „Direct Cinema“-Gestus ohne Interviews oder externe Kommentare vom erfüllenden Leben einer Tänzerin, ohne die hierarchischen Verkrustungen der Bühnenwelt oder die enormen körperlichen und psychischen Belastungen zu verschweigen. – Sehenswert ab 14.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/620288/becoming-giulia

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Im Jahr 2016 erlangt die Tunesierin Olfa Hamrouni internationale Bekanntheit, weil sie den Behörden eine Mitschuld an der Radikalisierung ihrer beiden ältesten Töchter Rahma und Ghofrane gab, die sich in Libyen der Terrormiliz IS anschlossen. Der halbdokumentarische Film forscht zusammen mit den Angehörigen und professionellen Schauspielerinnen in Gespräch und szenischen Nachstellungen nach Gründen für ihr Verschwinden. In dekorativem Helldunkel gerät die von der Mutter verkörperte restriktive Moral, aber auch ihr lebenslanger Kampf gegen eine patriarchale Männergesellschaft in den Fokus, wobei sich Wirklichkeit und Fiktion gegenseitig hinterfragen. – Sehenswert ab 14.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/621424/olfas-tochter

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Ein Schauspieler und ein Schriftsteller sind schon lange zusammen, doch beide leben zunehmend aneinander vorbei, ohne sich das eingestehen zu wollen. Auch ihre beruflichen Projekte bringen mehr Distanz als Kommunikation mit sich. Der Film bewegt sich in einem Künstlermilieu, doch die in ihm verhandelten Beziehungsprobleme sind universell und nachvollziehbar. Der nicht immer ganz kohärente Film punktet mit einem mal leiseren, mal absurderen Humor und bringt mit der Nichte des Schauspielers eine weitere Hauptfigur ins Spiel, die als anarchisches Gegenstück zu dem Paar fungiert und dessen Probleme relativiert. – Ab 14.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/620493/knochen-und-namen

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In einem fiktionalisierten viktorianischen England hat ein Wissenschaftler aus dem Körper einer Toten und dem Gehirn eines Babys eine junge Frau erschaffen, deren Entwicklung er in der Isolation seines Anwesens beobachtet. Je mehr die Kreatur lernt, umso weniger will sie sich mit ihrem Dasein als Studienobjekt zufriedengeben. Nachdem sie ihre Sexualität entdeckt, emanzipiert sie sich aus den patriarchalen Strukturen ihres „Gott-Vaters“, aber auch ihres Liebhabers und anderer Männer. Ein durch und durch sexpositiver Retro-Science-Fiction-Film, der pointiert-komisch, aber auch klug-poetisch über die Conditio humana reflektiert. Explizit sind dabei weniger die zahlreichen Sexszenen als das Selbst-Erklärende einer in sich geschlossenen Welt, der es bei aller Komik und feministischen Kraft aber an Ambiguität und Imperfektion mangelt. „Poor Things“ wurde bei den Golden Globes als bester Film in der Sparte Musical/Komödie ausgezeichnet und Emma Stone als beste Hauptdarstellerin in diesem Genre. – Ab 16.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/621303/poor-things

Nach einer gescheiterten Beziehung wird eine Frau Ende zwanzig von ihrer Mutter zu einer Reise nach Rügen eingeladen. Die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungslagen erschweren allerdings ihre Tage, da beide Frauen nur wenig Verständnis für ihre unterschiedlichen Bedürfnisse aufbringen. Der mütterliche Flirt mit einem Fremden erinnert die Tochter zudem an ihren Vater, der beide schon lange verlassen hat. Das Wunschkonzert voller harmoniegetränkter Sehnsüchte verlangt von allen Beteiligten viel Mut und auch einiges an Reflexion ab. Der Film lotet Defizite der Kommunikation und familiäre Schwachstellen aus. Dabei helfen realistische Situationen aus dem Alltag und typische zwischenmenschliche Versuchsanordnungen. Dem unprätentiösen Film gelingen dabei unterhaltsame Beobachtungen.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/620285/sprich-mit-mir

In der Silvesternacht des Jahres 1999 feiern die Superreichen und Superegozentriker in einem Grandhotel unter der Obhut eines perfektionistischen Hotelmanagers und seines Teams ins neue Jahrtausend. Für die Angestellten wird es eine Nacht voller Herausforderungen, in der die anspruchsvolle Kundschaft mit ihren Launen und Exzessen für allerlei Turbulenzen sorgt. Roman Polanskis satirische Komödie um eine dekadente Hautevolee versammelt einen schrägen Typen-Reigen, entfaltet aber nur wenig beißenden Witz. Der Film begnügt sich mit wohlfeiler Häme und wenig subtilen Kalauern. Die prominenten Darsteller wie Oliver Masucci, Fanny Ardant, Mickey Rourke, John Cleese oder Joaquim de Almeida sorgen zwar für einige Lacher, doch die Gesellschaftskritik des Films bleibt oberflächlich. – Ab 14.

Ausführliche Credits, Texte und Bilder bei filmdienst.de: https://www.filmdienst.de/film/details/621492/the-palace

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ZU DEN BEWERTUNGEN NACH ANZAHL DER STERNE:

5 Sterne: herausragend, ein Meisterwerk

4,5 Sterne: eindrucksvoll, ausgefeilt, lange nachwirkend

4 Sterne: sehr gut, ambitioniert, lohnenswert

3,5 Sterne: beachtlich, gekonnt, anregend

3 Sterne: solide und interessant

2,5 Sterne: ganz okay, guter Durchschnitt

2 Sterne: wenig aufregend, Mittelmaß

1,5 Sterne: inkonsequent, mit Schwächen

1 Stern: dürftig, enttäuschend

0,5 Sterne: schlicht, dilettantisch

0 Sterne: ärgerlich, anstößig, eine Zumutung