Staatsministerin Roth: Deutsche Filmförderung benötigt radikale Reformen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) schlägt eine umfassende Reform der deutschen Filmförderung vor. Vertreter der Filmbranche loben den Vorstoß: „Es könnte der große Wurf werden.“

Auf dem Produzententag am 16.02.2023: Kulturstaatsministerin Claudia Roth stellte die Eckpunkte einer Reform der Filmförderung vor.
Auf dem Produzententag am 16.02.2023: Kulturstaatsministerin Claudia Roth stellte die Eckpunkte einer Reform der Filmförderung vor.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) strebt eine grundlegende Reform der deutschen Filmförderung an. „Das gegenwärtige System der deutschen Filmförderung passt immer weniger zu den sich grundlegend verändernden Rahmenbedingungen“, schrieb Roth in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung. Künftig sollten Innovationsgeist und Risikobereitschaft gestärkt werden. Vertreter der Filmbranche begrüßten die Initiative der Kulturstaatssekretärin.

Streaming-Plattformen wie Netflix verändern Filmbranche

Nach Roths Worten haben Streaming-Plattformen und Internet-Anbieter einen tiefgreifenden Wandel des deutschen Filmschaffens ausgelöst. Der Kinofilm sei nur noch eine von vielen Formen filmischen Erzählens. Beispielhaft führte Roth die für neun Oscars nominierte deutsche Netflix-Produktion „Im Westen nichts Neues“ an. „Warum bringt unser gut ausgestattetes deutsches Fördersystem nicht einen solchen Film hervor?“, fragte die Grünen-Politikerin.

Unter anderem schlug die Kulturstaatsministerin vor, die Förderinstrumente auf Bundes- und Landesebene besser zu verzahnen. „Wir können hier vorangehen, indem wir eine Mindestförderquote für die Bundesförderung einführen, die Filmprojekten eine erste, relevante Finanzierungsbasis ermöglicht“, führte Roth aus. Derzeit verteilt die Filmförderung von Bund und Ländern nach ihren Angaben 600 Millionen Euro pro Jahr.

Geprüft werden solle auch die Einführung einer Investitionsverpflichtung, die zum Beispiel Streamingdienste dazu verpflichte, einen bestimmten Teil des Umsatzes mit audiovisuellen Inhalten in Deutschland wieder hierzulande zu investieren. „Verwerter, insbesondere die internationalen Streaminganbieter, sollen einen stärkeren Beitrag leisten zum Gesamterfolg des Fördersystems.“

Für mehr Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Roth plädierte außerdem dafür, Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. „Die Vergabe öffentlicher Mittel beinhaltet auch, dass sich die Empfänger dieser Mittel mit der Realität der Vielfalt unserer Einwanderungsgesellschaft auseinandersetzen und der wichtigen Frage ihrer Gestaltung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“.

Der Geschäftsführer der Produzentenallianz, Björn Böhning, lobte den Vorstoß: „Claudia Roth will eine echte Neuerung wagen.“ Sie schaffe ein innovatives, auch international wettbewerbsfähiges Fördersystem. Zugleich schlage sie eine öffentliche-private Gesamtstrategie vor, die auch Streamingdienste und Sender in die Pflicht nehme.

Die Ko-Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, Susanne Binninger, erklärte, die Reformvorschläge eröffneten weitreichende Perspektiven für eine neue Filmfinanzierungs- und Förderlandschaft in Deutschland. Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Filmakademie, Benjamin Herrmann, begrüßte die Reformvorschläge: „Es könnte der große Wurf werden.“ Roths Vision biete die Chance auf kraftvollere und überzeugendere Filme.