“Ich meine, es sollte sich hier was ändern”: Der ernannte Erzbischof von Wien hat sich für Reformen in der katholischen Kirche ausgesprochen. Er erhofft sich Änderungen zur Rolle der Frau in der Kirche und zum Zölibat.
Josef Grünwidl, der am Freitag von Papst Leo XIV. zum neuen Wiener Erzbischof ernannt worden ist, hat sich klar für Reformen in der katholischen Kirche ausgesprochen. Bei der Pressekonferenz unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung bekräftigte er seinen Wunsch nach einer Weiterentwicklung bezüglich der Rolle von Frauen in der Kirche und zum Thema Zölibat: “Ich meine, es sollte sich hier was ändern”; er wolle bei diesen Fragen seine schon bisher vertretene Linie weitergehen, immer jedoch in Einheit mit der Kirche.
Hinsichtlich des Zölibats betonte er, das ehelose Leben für Priester habe immer schon existiert und werde auch stets weiterbestehen, er plädiere jedoch für eine Änderung im Kirchenrecht hin zu einer freien Entscheidung. “Wir sehen an unseren Schwesternkirchen – den Orthodoxen und jenen der Reformation – dass es möglich ist, verheiratet zu sein und einen priesterlichen pastoralen Dienst in der Kirche auszuüben”, argumentierte Grünwidl. Auch in der Erzdiözese Wien gebe es verheiratete Priester aus den unierten Kirchen, die mit ihrer Familie im Pfarrhof wohnten. “Ich glaube nicht, dass das bessere oder schlechtere Priester sind als die, die zölibatär leben.”
Durch eine Entkoppelung von ehelosem Leben und Zulassung zum Priesterberuf würde wohl manches “entkrampfter”, sagte Grünwidl. Zwar sei auch dann “kein Run” auf das Priestertum zu erwarten, doch könnten jene, die diese Berufung verspüren, eher “jenen Lebensstand wählen, der ihnen entspricht und der sie glücklich macht”. Einige seiner Priesterkollegen hätten das Amt verlassen, weil sie heiraten wollten, sagte der künftige Erzbischof – “und es sind nicht die schlechtesten Priester”. Für eine Aufhebung des Pflichtzölibats wäre allerdings eine kirchenrechtliche Änderung vonnöten.
Hinsichtlich der Rolle von Frauen in der Kirche befand der designierte Erzbischof, das Thema sei “mit der Weltsynode endgültig und deutlich auch in der Kirche angekommen”. Auf Frauen falle längst der Großteil des Engagements im kirchlichen Alltag. “Ausbaufähig” sei jedoch ihre Einbindung in Entscheidungen. Ein Problem sei jedoch, “dass viele jetzt schon vom Kirchenrecht vorgesehenen Möglichkeiten dazu noch zu wenig oder noch gar nicht genutzt werden”, beklagte Grünwidl.
Das Problem bestehe auf allen Ebenen der Kirche, “und auch ein Bischof hat Möglichkeiten, sein Beratungsgremium zusammenzustellen”, so der künftige Wiener Oberhirte. In seiner bisherigen Funktion als Apostolischer Administrator der Erzdiözese habe er darauf reagiert und die Diözesanleitung um drei Frauen erweitert. Zwar sei dies nur eine Symbolhandlung gewesen, “doch es war mir wichtig, dass es nicht nur Männer sind”. Gleichermaßen wäre für ihn auch eine Aufnahme von Frauen ins Kardinalskollegium denkbar.
Differenziert positionierte sich Grünwidl zur Frage nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen. Auch wenn dies in Westeuropa immer wieder im Gespräch sei und er Veränderungen ausdrücklich begrüßen würde, sei dies “weltkirchlich kein Thema”. Der Erzbischof erklärte: “Das wäre eine derartige Veränderung in der 2.000-jährigen Tradition der Kirche, dass eine solche Entscheidung nur bei einem ökumenischen Konzil geklärt werden könnte.”