Kroatische Olivenbauern kämpfen um Anerkennung

Seit Jahrtausenden ist Olivenöl der Schmierstoff für die Kulturen des Mittelmeeres. Eine Top-Lokation für Anbau und Herstellung ist das kroatische Istrien. Doch ausländische Billig-Konkurrenz macht den Bauern zu schaffen.

Aus dem Gläschen steigt der Duft von frisch gemähtem Gras. Die zähe Flüssigkeit balsamiert den Mund. Im Rachen ruft sie leichtes Brennen hervor, sobald die Polyphenole (gesund!) ihre volle Wirkung entfalten. Halb Chemieunterricht, halb Kulinarik bieten die Verkostungen im Museum Olei Histriae, dem “Haus des istrischen Olivenöls”.

Gegründet wurde das einzigartige Museum in der kroatischen Küstenstadt Pula 2017 von Lorena Boljuncic. “Mein Vater hatte einen kleinen Olivenhain rund ums Haus. Als er starb, lag es an unserer Familie, uns darum zu kümmern”, erzählt die Kunsthistorikern und Marketing-Expertin. Als sie die frisch geernteten Oliven erstmals zur Ölmühle brachte, habe sie sich sofort in den Geruch verliebt – “nach frischem Gras und Früchten”.

Die Halbinsel Istrien liegt auf dem 45. Breitengrad, auf halbem Weg zwischen Nordpol und Äquator. Das macht sie ideal für den Olivenanbau – wie auch schon die alten Römer wussten: Ihre erste Blütezeit erlebte die istrische Olivenölproduktion im 1. Jahrhundert. Schon Plinius der Ältere schrieb über das Olivenöl aus dem heutigen Kroatien. In den vergangenen 15 Jahren erlebte die lokale Ölproduktion erneut einen Boom, Dutzende neue Ölmühlen entstanden in dieser Zeit. Dank ihnen gelangen die Oliven binnen maximal 18 Stunden vom Baum in die Presse.

Aufklärungsarbeit bezeichnet Boljuncic als eine der wichtigsten Aufgaben ihres Museums: “In Europas Supermärkten wird Olivenöl verkauft, das als extra nativ deklariert ist, es nach internationalen Standards aber nicht ist.” Etwa, weil das hochwertige Öl von niedrigem Säuregehalt und reichlich Antioxidantien mit minderwertigem Öl vermengt werde; ohne Angabe von Herkunft oder Jahrgang. “Wir hingegen können sagen, dass 99 Prozent des aus Istrien stammenden Olivenöls von höchster Qualität ist. Das ist unser größter Erfolg”, so Boljuncic.

Die Bibel gibt ihr Recht – zumindest die Bibel des guten Olivenöls: Wiederholt kürte die Fachjury von “Flos Olei”, dem Sterneführer für Olivenölproduzenten, Istrien in den vergangenen Jahren zur weltweit besten Anbauregion für extra natives Olivenöl. Doch ausgerechnet im Gourmetland Kroatien herrsche kaum Verständnis dafür, warum man für einen halben Liter hochwertiges Olivenöl zwischen 20 und 40 Euro ausgeben muss. Sasa Ukusic bereitet das Kopfzerbrechen. So klagt der Verkaufsleiter der 2019 gegründeten Olivenölbauern-Kooperative PZ Maslinari Istre: “Wir sind maßgeblich von Billigölen fragwürdiger Qualität betroffen. Weil die Kaufkraft gering ist, greifen die meisten Verbraucher zu günstigerem Olivenöl.”

Im Supermarkt bekomme man extra natives Olivenöl aus Spanien, Griechenland, Italien oder Tunesien schon ab neun Euro pro Liter. “Wo bleiben da die Kosten für den Transport, die Verpackung, Gewinnmargen für Lieferant und Händler, die Mehrwertsteuer?”, wundert sich Ukusic. Weder im Geschmack noch im gesundheitlichen Nutzen reiche das Billigöl an das hochwertige aus Istrien heran. “Ganz zu schweigen von gepanschten Ölen, die selten eine Olive gesehen haben.” Trotzdem landeten solche Öle auch in dem südosteuropäischen Land häufig im Einkaufswagen.

Museumsdirektorin Boljuncic bricht eine Lanze für die Kroaten: Fehlende Kaufkraft sei nicht gleichzusetzen mit mangelnder Wertschätzung. “Es ist auch so, dass viele Familien 20, 50 oder 100 Bäume besitzen und nur für den Eigenbedarf produzieren.” Die Großmutter mit 50 Litern im Keller, der Cousin mit einem 20-Liter-Kanister: So gut wie jeder kenne jemanden, der gutes Öl zu verschenken habe.

Fest steht: Ohne Touristen und ihre Urlaubs-Euros wären Istriens Olivenbauern nach derzeitigem Verkaufsmodell kaum überlebensfähig. “Einige wenige exportieren etwa in die USA oder nach Deutschland”, erzählt Boljuncic. Jedoch werde fast das gesamte Olivenöl aus Istrien lokal verkauft. Dazu rechnet Kooperativen-Manager Ukusic vor: “Der Pro-Kopf-Verbrauch von Olivenöl liegt in Kroatien bei vier bis fünf Litern pro Jahr und wird von der Touristensaison beeinflusst. Ohne diesen Impuls wären es weniger als zwei Liter pro Person.” Doch laut Ukusic ändert sich auch das allmählich. Die Kaufkraft der Kroaten steigt, vor elf Jahren trat das Land der EU bei. “Es ist wunderbar, dass die Wertschätzung von heimischen Ölen zunimmt, ebenso der Verbrauch.”