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Kritik nach Tötung von Journalisten in Gaza – Terrorvorwürfe

Im Gazastreifen wurden sechs Journalisten von der israelischen Armee getötet. Einem von ihnen wird Terrorismus vorgeworfen. Verwiesen wird auf Geheimdienstinformationen, eine unabhängige Prüfung ist unmöglich.

Die Tötung des palästinensischen Al-Dschasira-Journalisten Anas Al-Scharif sowie fünf weiterer Journalisten und Kameramänner durch die israelische Armee hat in vielen Teilen der Welt für Kritik gesorgt. Der Militärangriff auf das Journalistenzelt sei ein “schwerwiegender Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht”, schrieb das UN-Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) am Montag auf der Plattform X.

Das UN-Büro sowie mehrere Journalistenverbände sprachen von gezielter Tötung Al-Scharifs und seiner Kollegen. “In den letzten 22 Monaten hat das israelische Militär palästinensische Journalisten wiederholt als Militante bezeichnet, oft ohne nachprüfbare Beweise”, und mache sie damit zur Zielscheibe, so der Auslandspresseverband in Israel und den palästinensischen Gebieten (FPA).

Al-Scharif legte die israelische Armee in einer Mitteilung zur Last, “Anführer einer Terrorzelle der Terrororganisation Hamas und verantwortlich für Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und IDF-Soldaten” gewesen zu sein.

Die Armee verweist auf Geheimdienstinformationen und Dokumente, die Al-Scharifs “militärische Zugehörigkeit zur Hamas” sowie “die Integration des Hamas-Terroristen in das katarische Al-Dschasira-Netzwerk” belegen sollen. Al-Dschasira hatte die Beschuldigungen in der Vergangenheit als haltlos zurückgewiesen und Israel ein gezieltes Vorgehen gegen Mitarbeiter des Senders vorgeworfen.

Die Internationale Journalisten-Föderation (IJF) sprach von einem Kriegsverbrechen und Verleumdung. Sie forderte die Vereinten Nationen auf, ein verbindliches Abkommen zur Sicherheit von Medienschaffenden zu verabschieden. Nach eigenen Angaben sammelt die IJF seit Oktober 2023 Beweise israelischer Angriffe auf palästinensische Journalisten, um beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Klage einzureichen.

Aufklärung der Tötung forderte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Die von Israel gegen Al-Scharif vorgebrachten Terrorvorwürfe ließen sich nicht unabhängig überprüfen und würden sowohl von Al-Dschasira als auch den UN zurückgewiesen.

Die seit Beginn des durch den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelösten Gazakriegs anhaltende israelische Abriegelung des Gazastreifens für ausländische Journalisten sorgt zunehmend für Kritik. “Wir fordern sofortigen, sicheren und ungehinderten Zugang für alle Journalisten nach Gaza”, heißt es vom OHCHR. Auch FPA forderte von Israel, “seine Angriffe auf Journalisten in Gaza einzustellen und Journalisten die Einreise und freie Berichterstattung zu ermöglichen”. Zugleich beklagte sie eine Diffamierung ausländischer und palästinensischer Journalisten durch Israel.

Kurz nach dem Tod Al-Scharifs wurde auf seinem X-Account ein Beitrag veröffentlicht, den er für den Fall seines Todes hinterlassen hatte: “Wenn diese Worte Sie erreichen, wissen Sie, dass es Israel gelungen ist, mich zu töten und meine Stimme zum Schweigen zu bringen.” Er habe trotz Trauer und Verlust “keinen einzigen Tag gezögert, die Wahrheit so zu vermitteln, wie sie ist, ohne Fälschung oder Verfälschung”, so der Journalist.

Das OHCHR und zahlreiche Journalistenverbände verurteilen die Zahl palästinensischer Journalisten, die seit Beginn des Gazakriegs durch Israel getötet wurden. Die genauen Zahlenangaben weichen dabei ab. Während die IJF von mindestens 180 seit Kriegsbeginn getöteten Medienschaffenden in Gaza spricht, gibt das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) die Zahl mit mindestens 184 an. Das von der Hamas geführte Regierungspressebüro im Gazastreifen spricht von 237, das OHCHR von mindestens 242 getöteten Journalisten.