Kritik an verschärften Bedingungen für Kirchenasyl

SCHWERTE – Auf einem Fachtag zum Kirchenasyl in der Evangelischen Akademie Villigst in Schwerte übten Teilnehmer scharfe Kritik an der Verschärfung der Bedingungen für Kirchenasyl. Benedikt Kern vom Ökumenischen Netzwerk NRW kritisierte die seit 1. August geltende Fristverlängerung für Rückführungen in das Ersteinreiseland von sechs auf 18 Monate. Für die aufnehmenden Kirchengemeinden wird es damit aufwendiger, für die Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge zu sorgen.
Mitglieder der Gemeinden klagten zudem über einen zunehmenden Druck durch die Behörden, wie Kern und Dietlind Jochims, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl und Flüchtlingsbeauftragte der „Nordkirche“, erläuterten. In einigen Bundesländern wie derzeit in Rheinland-Pfalz gebe es Versuche, Pfarrer wegen angeblicher Beihilfe zur Flucht anzuzeigen und damit einzuschüchtern. Ähnliches berichtete Jochims aus dem Bereich der Nordkirche, wo die vier eingeleiteten Verfahren allerdings eingestellt worden seien. Kern betonte, dass das Kirchenasyl für die Behörden keinen unbekannten Aufenthaltsort darstelle. Einige Verwaltungsgerichte hätten diese Rechtsauffassung bestätigt.
Helge Hohmann, Beauftragter für Zuwanderung der Evangelischen Kirche von Westfalen, wies darauf hin, dass die Gewährung von Kirchenasyl immer nur die „ultima ratio“ sein könne, wenn das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit des Asylsuchenden akut bedroht sei. Das Kirchenasyl begründe kein Widerstandsrecht gegen den Staat, betonte er. Vielmehr solle es für eine neue Gesprächssituation zwischen Staat und Flüchtling sorgen.
Hohmann bezifferte die Zahl der aktuellen Fälle von Kirchenasyl im Bereich der westfälischen Landeskirche aktuell auf 16. Im Laufe dieses Jahres seien 44 abgeschlossen worden. Bis Ende dieses Jahres rechne er mit einer Zahl von insgesamt 80 Kirchenasylfällen. In ganz Nordrhein-Westfalen gewähren nach Auskunft vom Ökumenischen Netzwerk NRW Asyl in der Kirche derzeit 169 Kirchengemeinden 238 Menschen Aufenthalt in ihren Räumlichkeiten.
Weil die Betroffenen oft nicht in die Länder zurückkehren wollten, in denen sie zum ersten Mal den Boden der EU betreten haben, wie es die sogenannte Dublin-Verordnung verlangt, suchten viele Schutz bei Kirchengemeinden bis zu einer abschließenden Klärung oder neuen Verfahrensaufnahme, hieß es. epd