Journalistenverbände und Menschenrechtler haben Israels Entschluss kritisiert, den arabischen Sender Al-Dschasira zu schließen. “Mit dieser Entscheidung reiht sich Israel in den zweifelhaften Club der autoritären Regierungen, die den Sender verbieten”, schreibt der Verband der Auslandspresse in Israel (FPA) in einer Stellungnahme. Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die israelische Regierung auf, ihr Verbot des Senders “umgehend zurückzunehmen”.
Die Pressefreiheit müsse “auch in Kriegszeiten in vollem Umfang gelten”, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Er rief zudem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dazu auf, sich bei der israelischen Regierung für den katarischen Sender einzusetzen.
Verband: Schwarzer Tag für die Medien
Die FPA sprach von einem “schwarzen Tag für die Medien” und die Demokratie. Sie äußerte die Sorge, dass die Schließung Al-Dschasiras auch weitere Auslandsmedien in Israel gefährden könnte. Der israelische Ministerpräsident habe “die Befugnis, andere ausländische Medien zu verbieten, die seiner Meinung nach ‘staatsfeindlich’ sind”. Israel müsse das Bekenntnis zur Pressefreiheit auch für Medien aufrechterhalten, deren Berichterstattung ihm nicht gefalle.
Auch das Komitee zum Schutz von Journalisten (Committee to Protect Journalists/CPJ) sprach von einem “äußerst alarmierenden Präzedenzfall für die Einschränkung der Arbeit internationaler Medien in Israel”. Die Organisation “Reporter ohne Grenzen” fordert die Aufhebung des verabschiedeten Gesetzes. “Diese Zensur eines der letzten internationalen Medien, die seit dem 7. Oktober aus Gaza berichten können, ist inakzeptabel”, hieß es. Ein derartiger Präzedenzfall stelle eine große Bedrohung für den Journalismus in Israel dar.

Gegen den Regierungsbeschluss sprach sich auch die israelische Zeitung “Haaretz” aus. In ihrem Leitartikel bezeichnete sie den Entschluss als antidemokratisch. Eine Regierung sei kein Fernsehkritiker und habe nicht das Recht, Sender zu schließen, “so parteiisch sie auch sein mögen”. Dem Sender komme eine wichtige Aufgabe als Informationsquelle zu den Geschehnissen im Gazastreifen zu. Das Vorgehen der Regierung müsse “die israelischen Medien und jeden fairen Journalisten beunruhigen”, der nicht unabhängig das Kriegsgebiet in Gaza erreichen kann, um direkt von dort zu berichten, so der israelische Journalist und Nahostanalyst Zvi Bar’el in Haaretz.
Eingeschränkte Pressefreiheit seit Gaza-Krieg beobachtet
Die israelische Bürgerrechtsorganisation ACRI reichte unterdessen nach eigenen Angaben einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Regierungsmaßnahmen beim obersten israelischen Gericht ein. Man habe seit Beginn des Gaza-Kriegs Versuche beobachtet, “die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und die Protestfreiheit in Israel einzuschränken”. Diese in Kriegszeiten besonders wichtigen Rechte gelte es zu schützen.
Die israelische Regierung hatte in dritter Lesung ein Gesetz verabschiedet, das die Schließung des Israel-Büros des Senders sowie die Beschlagnahme von dessen Rundfunkausrüstung vorsieht. Berichten zufolge führte Israels Polizei am Sonntagabend eine Razzia in Räumen durch, die Al-Dschasira im Ambassador-Hotel in Ostjerusalem angemietet hatte. “In Israel wird es keine freie Meinungsäußerung für Hamas-Propaganda geben”, begründete Kommunikationsminister Schlomo Karhi den Schritt.
