Krankenkasse: Behörden müssen Abrechnungsbetrug gezielter bekämpfen

Die Krankenkasse AOK Nord-West fordert ein entschiedeneres Vorgehen der staatlichen Ermittlungsbehörden gegen Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen. Dazu sollten mehr Spezialeinheiten der Polizei geschaffen und Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Westfalen-Lippe eingerichtet werden, die sich ausschließlich mit Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen befassen, erklärte der Verwaltungsrat der AOK Nord-West am Dienstag in Dortmund. Derzeit verfolge ein siebenköpfiges Ermittlungsteam der AOK Nord-West fast 1.400 Fälle wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs aus allen Bereichen des Gesundheitswesens. Das sei gegenüber dem Tätigkeitsbericht 2020/2021 ein Anstieg um fast ein Drittel (32,8 Prozent) der Fälle, hieß es.

Allein in den vergangenen zwei Jahren hätten die AOK-Ermittler Gelder in Höhe von 3,8 Millionen Euro zurückgeholt. Entdeckt wurden unter anderem Abrechnungen für nicht erbrachte Leistungen, gefälschte Rezepte, erfundene Behandlungen oder fehlende Qualifikationen. Man führe den deutlichen Anstieg bei den Fallzahlen auf „die Corona-Pandemie zurück, da in dieser Zeit unter anderem die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt wurden und die Hinweisprüfungen und die Ermittlungen von Neufällen nur verzögert möglich waren“, sagte der Leiter des Fachbereichs Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der AOK Nord-West, Jürgen Mosler.

Das AOK-Ermittlungsteam arbeitet den Angaben zufolge eng mit anderen Krankenkassen sowie der Kriminalpolizei, den Hauptzollämtern und den Staatsanwaltschaften zusammen. „Jedes Jahr gehen durch Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen hohe Millionenbeträge verloren“, erklärte der alternierende AOK-Verwaltungsratsvorsitzende für die Versichertenseite, Lutz Schäffer. „Dieses Geld versickert in dunkle Kanäle und steht damit nicht für die medizinische Versorgung der Versicherten zur Verfügung.“ Hinzu komme, dass die Gesundheit und mitunter sogar das Leben von Versicherten aufs Spiel gesetzt werden, wenn Behandlungen ohne die erforderliche Qualifikation durchgeführt würden.

Bei den meisten Fällen von Betrug hätten erneut gefälschte Abrechnungen eine Rolle gespielt, hieß es. So hätten etwa Pflegedienste Leistungen abgerechnet, die nie erbracht wurden. Oder die Dienste hätten die Qualifikation ihres Personals falsch angegeben und zu hohe Kosten berechnet. In einigen anderen Fällen hätten einzelne Pflegefachkräfte zeitgleich bei mehreren Patienten und an unterschiedlichen Orten Leistungen erbracht. Hier forderte die AOK Nord-West sämtliche entstandene Schäden zurück.