Kostenlose Beratung für „Schattenkinder“ psychisch kranker Eltern

Die LWL-Klinik in Lengerich und der Diakonie-Verband WesT im Münsterland wollen mit einem neuen Beratungsprojekt Kinder von psychisch erkrankten Eltern unterstützen. Einmal im Monat würden in der Klinik kostenlose Sprechstunden für betroffene Familien angeboten, teilte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Dienstag mit. Wahrnehmen könnten das niedrigschwellige Angebot Väter und Mütter, die in der LWL-Klinik stationär und teilstationär untergebracht sind oder ambulant versorgt werden. Für eine familienfreundliche Atmosphäre solle zudem ein kindgerechter Raum mit Spielsachen in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik eingerichtet werden, hieß es.

In Deutschland haben den Angaben zufolge zwischen zwei bis drei Millionen Kinder mindestens ein Elternteil, das psychisch erkrankt ist. Gleichwohl würden sie zu wenig gesehen oder in Therapiekonzepten mitgedacht, hieß es. Das Lengericher Projekt „Schattenkinder“ soll hier eine Lücke schließen. „Es ist enorm wichtig, dafür zu sorgen, dass die Kinder auch während der Erkrankung der Eltern physisch und emotional gut versorgt sind“, sagte Regine Groß, Pflegeentwicklerin an der LWL-Klinik Lengerich. Ziel sei zudem die Enttabuisierung von psychischen Erkrankungen.

Kinder depressiver Eltern haben ihren Worten zufolge ein fast doppelt so hohes Risiko, ebenfalls eine affektive Störung zu entwickeln, als Altersgenossen mit gesunden Müttern und Vätern. Bei Eltern mit einer ausgeprägten Angststörung sei das Risiko sogar um das Siebenfache erhöht, warnte Groß. Neben den genetischen spielten die psychosozialen Faktoren dabei eine große Rolle.

Die von der Diakonie WesT durchgeführten Beratungsgespräche könnten in der Therapie vor- und nachbereitet werden, führte Groß aus. Gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten würden in den Sitzungen die Resultate angeschaut, um weitere Schritte für ihre Kinder zu entscheiden. Das könne beispielsweise eine Mutter-Kind-Kur sein oder die Beantragung einer Haushaltshilfe. Manchmal bräuchte ein Elternteil auch einfach ein paar Tipps, wie er mit der Pubertät des heranwachsenden Kindes umgehen solle, erläuterte die Pflegeentwicklerin der LWL-Klinik.

Mit Konsequenzen, wie einer Kontaktierung des Jugendamts nach den Gesprächen, ist laut Groß in der Regel nicht zu rechnen. „Nur weil ein Elternteil eine psychische Erkrankung hat, ist er nicht unfähig“ betonte sie. „Vielleicht bedarf es hier und da etwas Unterstützung und einen kleinen Tipp, aber das ist normal und macht ihn nicht zu einem schlechten Vater oder einer schlechten Mutter.“ Diese Sorge müsse man auch den Eltern selbst nehmen. Die Anonymität der Gespräche werde gewahrt.