Kontroverse um Interview der Saarbrücker Zeitung mit Palästinensern

Die Saarbrücker Zeitung hat zwei Palästinenser interviewt und damit Kontroversen ausgelöst. Pikant: Auch die Anteilsverhältnisse an der Zeitung spielen eine Rolle.

Ein Interview mit zwei Palästinensern in der Saarbrücker Zeitung sorgt für Debatten
Ein Interview mit zwei Palästinensern in der Saarbrücker Zeitung sorgt für DebattenImago / Seeliger

Ein Interview der Saarbrücker Zeitung mit zwei Palästinensern hat eine Debatte über Pressefreiheit und Antisemitismus ausgelöst. Die Vorsitzende des Saarländischen Journalistenverbands (SJV), Ulli Wagner, verteidigte in einem zum Tag der Pressefreiheit veröffentlichten offenen Brief das Interview. „Auch die ‘Gegenseite’ zu Wort kommen zu lassen, gebietet die journalistische Sorgfaltspflicht sowie Fairness und Transparenz“, schreibt Wagner. Die Interviewerin habe dazu beigetragen, „dass wir verschiedene Sichtweisen kennen und das wiederum ist unabdingbar für unsere freie Meinungsbildung und die wiederum ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie“.

Die Saarbrücker Zeitung hatte am 19. April ein Interview mit zwei im Saarland lebenden Palästinensern unter dem Titel „Viele Palästinenser hier sind eingeschüchtert“ veröffentlicht. Die Union-Stiftung warf der Zeitung fünf Tage später vor, sie drucke „unwidersprochen demokratie- und israelfeindliche sowie antisemitische Aussagen“ ab. Das gefährde die Demokratie und sei „Wasser auf die Mühlen antisemitischer Ressentiments“. Kritisiert wurden etwa die Aussagen, dass Palästinenser seit 75 Jahren unter israelischer Besatzung lebten und dass die meisten Menschen in Gaza nichts mit der radikalislamischen Hamas zu tun hätten.

Saarbrücker Zeitung: Das sagt die Chefredaktion

Die Union-Stiftung ist zusammen mit der Villa Lessing – Liberale Stiftung Saar und der Demokratischen Gesellschaft Saarland (DGS) Anteilseigner der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar (GSB), die wiederum an der Saarbrücker Zeitung beteiligt ist. Die anderen beiden Anteilseigner der GSB distanzierten sich in der Saarbrücker Zeitung von der Kritik der Union-Stiftung und werteten diese als einen Angriff auf die Pressefreiheit.

Die Chefredaktion und der Redaktionsbeirat der Zeitung zeigten sich offen für Kritik, die auch in Beiträgen und Leserbriefen veröffentlicht werde. „Vorwürfe und Unterstellungen, die geeignet sind, unabhängige journalistische Arbeit zu beeinträchtigen, weisen wir jedoch zurück.“ Die Redaktion mache sich wie alle seriösen Medien Aussagen aus Interviews nicht zu eigen.

Kirchen reagieren auf Palästinenser-Interview

Am Sonntag schalteten sich auch die Synagogengemeinde Saar und die Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes in die Debatte ein und zeigten sich entsetzt. Wer bei „klar kontrafaktischen und den Staat Israel dämonisierenden Aussagen“ nicht kritisch nachfrage, dem könne „mindestens Ahnungslosigkeit und im schlimmsten Fall gezieltes Schüren antiisraelischer Ressentiments“ vorgeworfen werden. Dem schloss sich der Beauftragte der Evangelischen Kirchen für das Saarland, Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, als Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Erinnerungsarbeit an.

Dagegen erklärte der SJV, die Vorwürfe gegen die Interviewerin hätten nichts mit Kritik zu tun und grenzten an Diffamierung. Sie trügen nicht zu einer sachlichen Debatte bei, sondern schürten Ressentiments und machten damit genau das, was der Journalistin vorgeworfen werde. Der SJV forderte die Union-Stiftung auf, ihre „Kampagne“ gegen Zeitung und Journalistin einzustellen.