Kompass: Gottvertrauen

Wäre das Volk Israel schneller im gelobten Land angekommen, wenn es ein Navi gehabt hätte? Unterwegssein ist bis heute mit Wagnissen verbunden – auch wenn sie sich verändert haben.

See- und Landkarten helfen schon seit vielen Jahrhunderten bei der Orientierung.
See- und Landkarten helfen schon seit vielen Jahrhunderten bei der Orientierung.TSEW

Was wäre passiert, wenn Abraham eine Karte oder ein Navi gehabt hätte? Wäre er überhaupt aufgebrochen, wenn ein Routenplaner ihm die schiere Länge des Weges und die notwendigen Tagesreisen bis zum Erreichen des Gelobten Landes berechnet hätte? Vielleicht hätte der Patriarch abgewunken angesichts der Unwägbarkeiten dieser Mammutstrecke. Aber wie hätte sich dann die Verheißung erfüllt?

Und was, wenn Mose eine Abkürzung genommen und die Wüste in 40 Tagen statt in 40 Jahren durchquert hätte? Dem Volk Israel wäre manches Drama erspart geblieben. Aber was wäre dann aus all den Gotteserfahrungen dieser Zeit geworden und aus den Geschichten, die man sich bis heute darüber erzählt?

Menschen aus der Bibel orientierten sich an natürlichen Gegebenheiten

Karten, Navigationsgeräte und Routenplaner sind für uns eine Selbstverständlichkeit. Menschen aus biblischer Zeit dagegen waren auf Wegen unterwegs, die sie allenfalls vom Hörensagen kannten. Ihre Vorstellungen der Welt außerhalb ihrer näheren Umgebung waren rudimentär. Sie folgten Flussläufen oder Küstenlinien, orientierten sich an markanten Bergen oder Pässen und am Stand der Sonne und der Sterne. Ein Bild aus der Vogelperspektive, wie wir es selbstverständlich aus Atlanten oder Internet-Karten kennen, hatten sie nicht – ebenso wenig wie konkrete Vorstellungen von Landesgrenzen oder aktuellen politischen Verhältnissen.

Was sie dagegen als Wegweiser hatten, war Gottvertrauen. „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will“, sagt Gott zu Abraham – und der geht los, ins Unbekannte hinein. Die Richtung, die er für seine viele hundert Kilometer lange Wanderschaft einschlagen muss, zeigt ihm Gott in Träumen und Visionen. Abraham ist bereit, sich darauf einzulassen, selbst wenn er auf manch überraschenden Umweg geschickt wird. Und schließlich kommt er am Ziel an.

Technik gibt keine Garantie, am Ziel anzukommen

Wir haben technische Orientierungsmöglichkeiten, von denen die Urväter und -mütter der Bibel noch nicht einmal träumen konnten. Das macht das Vorankommen deutlich einfacher, egal ob kurze Wanderung oder Fernreise. Aber eine Garantie dafür, ungehindert voranzukommen und das Ziel sicher zu erreichen, ist das noch lange nicht. Plötzlich ist da eine Straße gesperrt, ein Weg vom Hochwasser überspült, ein Bahnhof nicht erreichbar. Unterwegssein ist nach wie vor ein Wagnis, wenn auch auf andere Weise als zur Zeit Abrahams.

Kein Wunder also, dass uns das Suchen nach dem richtigen Weg immer noch beschäftigt, egal ob auf der Karte, unterwegs auf Reisen oder im Leben. Kein Wunder auch, dass wir Erzählungen von dieser Suche immer noch fasziniert lauschen. Den richtigen Weg zu finden, war und ist das Abenteuer des Lebens. Und der beste Kompass ist Gottvertrauen. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“, betet der Psalmist. Das gilt bis heute auf Wegen und Umwegen. Navi und Routenplaner können gegen diese Zusagen einpacken.