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Kommunen bleiben uneins beim Umgang mit Schwarzfahrern

Nach dem Beschluss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, künftig von Strafanzeigen gegen Schwarzfahrer in öffentlichen Verkehrsmitteln abzusehen, zeichnet sich in den Kommunen weiterhin keine gemeinsame Linie ab. Während mancherorts schon vor längerer Zeit die Nutzung des ÖPNV ohne Ticket nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, bleiben andere Städte bei einer strikten Linie.

So verzichtet die Stadt Wiesbaden bereits seit 2023 auf Strafanträge. Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein müssen weriterhin das „erhöhte Beförderungsentgelt“ in Höhe von 60 Euro bezahlen. Dabei handele es sich nicht um eine staatliche Bestrafung, sondern um die „Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs für den Bustransport“, teilte die Stadt mit. Strafanzeigen würden allerdings weiterhin erstattet, wenn es zum Beispiel zu tätlichen Übergriffen auf die Kontrolleure komme. Auch in Offenbach verzichten die Verkehrsbetriebe auf Anzeigen.

In Mainz waren die Bestimmungen nach einem entsprechenden Stadtratsvotum 2024 angepasst worden. In der Vergangenheit wurde automatisch ein Strafantrag gestellt, wenn Fahrgäste dreimal innerhalb von zwei Jahren ohne gültigen Fahrschein erwischt wurden. Seither ist eine Prüfung vorgeschrieben, ob „Hinweise auf soziale Härtefälle“ vorliegen. Diese stellten aber nicht das Gros der Fallzahlen dar. Seit Inkrafttreten der Neuregelung sei auf über 100 Strafanzeigen verzichtet worden, teilte der Verkehrsbetrieb Mainzer Mobilität mit.

In Darmstadt droht „Mehrfachtätern“ weiterhin eine Strafanzeige, wenn sie innerhalb von drei Monaten erneut ohne gültiges Ticket fahren. Nach Angaben der Stadtverwaltung handelt es sich um 300 bis 400 Fälle pro Jahr. Überlegungen, dem Frankfurter Vorbild zu folgen, gebe es nicht: „Wir halten uns an geltendes Recht und setzen es entsprechend um.“ Schwarzfahren müsse auch weiterhin Konsequenzen haben und „bei Wiederholungstätern eine Strafanzeige zu stellen, ist verhältnismäßig“. Ähnliches gilt auch in Ludwigshafen und Koblenz.

„In der Diskussion um die Strafbarkeit des Schwarzfahrens wird gelegentlich der Vergleich mit dem Falschparken gezogen“, erklärte der Pressesprecher der Stadt Kassel, Sascha Stiebin. „Dieser Vergleich hinkt. Bei einem Vergleich mit anderen Delikten bieten sich statt des Falschparkens am ehesten das Nichtbezahlen einer Taxifahrt oder das Tanken ohne Bezahlung an.“ Die Regelung, nach drei Fahrten ohne Fahrschein Anzeige zu erstatten, sei die abgestimmte Position des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

In Trier kassieren Fahrgäste in allen Fällen eine Anzeige, in denen eine Kontrolle nur unter Hinzuziehung der Polizei möglich ist. Eine komplette Entkriminalisierung des Schwarzfahrens sei nicht geplant, teilten die Stadtwerke mit: „Wir orientieren uns an der Position unseres Branchenverbandes VDV. Er lehnt eine solche Maßnahme ab, da sie eine negative Signalwirkung gegenüber den Fahrgästen hätte, die ordnungsgemäß einen Fahrschein erwerben.“

In Kaiserslautern wurden in den vergangenen Jahren ebenfalls nur vereinzelt Strafanträge gestellt. „Wir reden hier von ein bis zwei Fällen pro Jahr“, teilten die Stadtwerke mit. „Seit Einführung des Deutschlandtickets wurde nicht ein einziger Strafantrag gestellt. Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass solche Verfahren in den meisten Fällen ohnehin eingestellt werden.“

Der Frankfurter Magistrat hatte Mitte September beschlossen, Schwarzfahrer nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen. Ein Antrag der Linken fand dank Zustimmung von SPD, Grünen und Volt eine Mehrheit.

Das „Erschleichen von Beförderungsdienstleistungen“ stellt nach § 265a des Strafgesetzbuchs eine Straftat dar, die nur auf Antrag verfolgt wird. Das wichtigste Argument für die Frankfurter Entscheidung war der Umstand, dass die meisten Schwarzfahrer arbeitslos, drogenabhängig oder psychisch krank seien. Durch die Verfolgung würden viele Kapazitäten in Justiz und Verwaltung gebunden, und die oftmals angeordnete Ersatzhaft erzeuge zusätzliche hohe Kosten.