Kommt ein Vogel geflogen – Wenn der Papagei Nazi-Parolen krächzt

“Kommt ein Vogel geflogen” ist eine Gesellschaftssatire um einen Papagei, der Nazi-Parolen krächzt und damit das Leben einer deutschen Familie mit jüdischem Elternteil ins Chaos stürzt.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Eine Tierpflegerin nimmt einen herrenlosen Papagei in Obhut, der rechtsradikale Parolen von sich gibt. Das bringt die privat wie beruflich ohnehin überlastete Frau an ihre Grenzen und führt zu einer Kaskade sich steigernder Missgeschicke, die schließlich sogar vor Gericht landen.

Der charmante Zwitter aus tragikomischem Familiendrama und Gesellschaftssatire von 2023 überzeichnet das alltägliche Gebaren der Menschen nur dezent, wandelt sich darüber aber flugs zur vergnüglichen Groteske. Dass es dramaturgisch dabei etwas holpert, fällt auch angesichts guter Darsteller und bissiger Dialoge kaum ins Gewicht.

Kann ein Vogel eine falsche Gesinnung haben? Darf ein Mensch reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist? Kommt es bei beiden nur auf die inneren Werte an, oder muss alles Gesagte stets als bare Münze auf die Goldwaage gelegt werden? Regisseur Christian Werner nimmt sich einige wunde Punkte im vergifteten sozialen Miteinander vor. Dass wir womöglich alle einen Vogel haben, bricht er auf eine Fabel herunter.

Ein Papagei steht vor Gericht. Weil er neben “Die Frisur sitzt”, “Raider heißt jetzt Twix” auch “SA marschiert” und “Heil Hitler” krächzt. Deshalb gilt der Vogel juristisch als verbotener Tonträger und darf nicht vermittelt werden. Für das, was er sagt, kann das Tier natürlich nichts, schließlich ist es ja nicht so vernunftbegabt wie sein verstorbener Besitzer, der ihm dies offenbar beigebracht hat.

Birgit (Britta Hammelstein), engagierte Leiterin eines Tierheims, nimmt den Papagei also vorerst bei sich zuhause auf. Doch das rechte Parolen plappernde Tier löst einen Skandal aus, der vor Gericht endet und mit einer Verurteilung: Das Tier soll operativ seiner Stimme beraubt werden.

Das Richtige sagen, korrekt sprechen, Recht sprechen: Darum kreist der etwas struppige Film-Wolpertinger aus Gesellschaftssatire und tragikomischem Familiendrama. Im Zentrum aller Wirrnisse, flankiert von leicht wackeligen Landschaftsaufnahmen aus einem provinziellen Deutschland im Herbst, steht die zunehmend derangiert wirkende Tierheim-Chefin.

Sie will alles richtig machen, verschlimmert dadurch aber alles nur noch mehr. Beruflich steht Birgit unter Druck: Ein Lokalpolitiker will das Tierheim schließen und dort ein Spa errichten lassen. Vor der Bürgermeisterwahl versuchen obendrein alle Parteien, die Geschehnisse im kleinen Ort für sich zu instrumentalisieren, sei es die vegane links-ökologische Erzieherin oder die rechte Alice-Weidel-Wiedergängerin mit Hang zum Deutschen Schäferhund.

Auch über Birgits Privatleben erfährt man eine ganze Menge. Ehemann Nathan (Hans Löw) gibt vor, an der goldenen Zukunft der Familie zu arbeiten, lässt sich aber in Wahrheit als ewiger Bummel-Doktorand von seiner überarbeiteten Frau durchfüttern. Die kleine Tochter Sarah (Pola Friedrichs) stottert, weshalb das Jugendamt den Besuch einer Förderschule nahelegt. Und just, als Birgit den Nazi-Papagei zu sich holt, kündigen die jüdischen Schwiegereltern (Michael Wittenborn, Ulrike Krumbiegel) einen spontanen Besuch an.

Manche Erzählstränge und Situationen wirken bisweilen wie fehlerhaft aneinandergepappt, weshalb die Dramaturgie ein wenig holpert. Ein paar altbackene Figurenklischees wie der ranzige Lokaljournalist oder der staatstragende Amtsveterinär rücken den Film bisweilen in die Nähe eines Mumblecore-Kasperltheaters mit Klezmer-Einsprengseln.

Doch es hat echten Charme, wie der Film das alltägliche Gebaren der Menschen meist nur ganz gelinde übertreibt und dabei flugs zur Groteske findet. Dass ein geschmeidiger Tierheim-Mitarbeiter zunächst für das unschuldige Tier argumentiert, sich dann aber als Nazi entpuppt, während Birgits Schwiegervater das vor sich hergetragene Jüdischsein seiner konvertierten Gattin immer wieder ironisch kommentiert, lässt keine Seite gut dastehen.

Perfekt sitzende One-Liner bewahren außerdem die Geschichte um Tochter Sarah vor allzu großer Rührseligkeit. Nicht einmal dann, wenn die Ameisenfreundin immer wieder klarzustellen versucht, dass alle Tiere “lie-, lie-, lie – benswert” seien, egal, was die anderen sagen. Und gerade, als man denkt, der Film mache es sich mit seiner Gesellschaftsallegorie allzu einfach und lasse jedem politischen Tierchen sein Pläsierchen, nimmt der Vogel Sarahs “ka-ka” (sie versucht, “Kakao” zu sagen) in schönster materieller Eindeutigkeit beim Wort und platziert es mitten aufs Nazi-Plakat.