Komm auf die Kommentar-Couch
Hass-Kommentare, abstruse Anschuldigungen, wüste Schimpftiraden – alles Dinge, die Margot Käßmann oder Bischof Dröge derzeit über sich ergehen lassen müssen, wenn sie ihre Browserfenster öffnen. Nach Käßmanns AfD-Kritik beim Kirchentag und Dröges Äußerungen zur Christenverfolgung haben Internetrambos zur digitalen Mistgabeljagd geblasen. Wie geht man damit um? Thorsten Wittke, Leiter des Social-Media-Teams der EKBO, erklärt seine Methode.
Hass-Kommentare, abstruse Anschuldigungen, wüste Schimpftiraden – alles Dinge, dieMargot Käßmann oder Bischof Drögederzeit über sich ergehen lassen müssen, wenn sie ihre Browserfenster öffnen. Nach KäßmannsAfD-Kritikbeim Kirchentag und DrögesÄußerungen zur Christenverfolgunghaben Internetrambos zur digitalen Mistgabeljagd geblasen.Wie geht man damit um? Thorsten Wittke, Leiter des Social-Media-Teams der EKBO, erklärt seine Methode.
In den Sozialen Medien herrscht Krieg. Krieg mit Wörtern und Satzzeichen. Die Rechtschreibung hat den Kampf dabei längst verloren, was zählt sind Ausrufezeichen, Großbuchstaben und eine enorme Vielfalt an Schimpfwörtern. Ignoranter Vollpfosten und verlogene Schlampe sind dabei noch die harmlosen Ausdrücke, die sich eine Reformationsbotschafterin und ein Bischof derzeit anhören oder durchlesen dürfen. Dabei fällt auf, dass je mehr Menschen einer Beschimpfung beiwohnen können, diese umso heftiger ausfällt. Bei Facebook sind die öffentlichen Bloßstellungen drastischer als in direkten Anschreiben per E-Mail oder Brief. Die Mechanismen, die hier greifen, gab es schon immer. Wenn ich jemanden im Beisein anderer von meiner „Meinung“ überzeugen möchte, bringe ich meine Position besonders energisch vor, denn ich möchte ja nicht nur mein Gegenüber überzeugen, sondern auch die anderen auf meine Seite ziehen. Und im Netz gibt es viele andere. Beschimpfungen gibt es im Digitalen wie im Realen, und die Reaktionen ähneln sich. Wenn mich jemand anschreit, was tue ich? Schreie ich spontan zurück? Laufe ich weg? Bleibe ich ruhig und versuche herauszufinden, was den anderen bewegt und leite daraus meine Reaktion ab? Ich habe gute Erfahrungen mit der letzten Variante gemacht. Wobei das Ergebnis durchaus sein kann, dass ich weglaufe. Und so fällt auch meine Reaktion auf die sogenannten Hasskommentare verschieden aus. Ich unterscheide drei Arten von Hass-Kommentatoren und -Kommentatorinnen: 1. die Abstrusen, 2. die Hetzer, 3. die Aufgeregten. Grundsätzlich: Ich bin sehr zurückhaltend, was das Löschen dieser Kommentare angeht, denn das würde einen Social Media Auftritt zum einen unglaubwürdig machen und zum anderen folge ich dem Sprichwort „Schlechte Argumente bekämpft man am besten dadurch, dass man ihre Darstellung nicht stört.“ Auf die erste Kategorie reagiere ich deshalb häufig gar nicht, die zweite weise ich auf eine fehlerhafte Argumentation hin und der dritten Kategorie nehme ich mich intensiv an. Sie haben irgendwo etwas gehört, sind empört und aufgeregt, wollen sich Luft machen und sind ganz häufig überrascht, dass überhaupt jemand auf sie reagiert. Sie fühlen sich ernst genommen, und schon das schafft in vielen Fällen eine Entspannung der Kommunikation. Das ist zeitaufwendig, aber es lohnt sich. Gerne lade ich dabei zu einer direkten Kommunikation per E-Mail ein, damit wir uns das verbale Aufplustern vor anderen sparen können. In der analogen Welt können wir uns ja auch entscheiden, prügeln wir uns im Beisein aller vor der Kneipe oder gehen wir rein und besprechen alles bei einer Apfelsaftschorle. Zugegeben, der Unterhaltungswert bei der Keilerei ist größer, weswegen dieses Umlenken auch nicht immer funktioniert. Dann heißt es, Ärmel hochkrempeln und in die Tastatur hauen. Ach, und noch was – auch wie im wirklichen Leben – das friedfertige Publikum der Klopperei sollte eingreifen und den Krieg stoppen. Zum Glück reichen im Digitalen Wörter und Satzzeichen!