Unsere koreanische Gemeinde besteht seit über fünfzig Jahren. In dieser Zeit haben Menschen unterschiedlicher Generationen und kultureller Prägungen gemeinsam geglaubt, gelernt und gelebt.
Die erste Generation koreanischer Einwanderer kam in den 1960er- und 70er-Jahren nach Deutschland – als Krankenschwestern, Bergarbeiter oder Werftarbeiter. Ihr Leben war geprägt von harter Arbeit und dem Wunsch, in einer fremden Gesellschaft zu überleben. Für viele von ihnen waren Arbeitsplatz, Familie und Kirche die einzigen Orte, an denen sie sich zu Hause fühlten. Die Kirche wurde zu einem Raum des Trostes und der Bewahrung ihrer Identität.
Kulturelle Wurzeln bewahren
Für die zweite Generation jedoch stellte sich die Realität anders dar. Zu Hause und in der Kirche waren sie Koreanerinnen und Koreaner, außerhalb dieser Räume aber wurden sie als Ausländerinnen und Ausländer wahrgenommen – selbst wenn sie hier geboren und aufgewachsen waren. In dieser Spannung wurde die Gemeinde zu einem Ort, an dem sie lernen konnten, ihren Glauben und ihre kulturellen Wurzeln zu bewahren und zugleich in der deutschen Gesellschaft anzukommen.
Unsere Gemeinde hat in den letzten Jahrzehnten mehrere Generationswechsel erlebt – und damit auch eine lange, oft mühsame Reise hin zu einem interkulturellen Miteinander. Viele unserer Mitglieder kommen aus ganz unterschiedlichen Regionen und sozialen Hintergründen Koreas. Hier in Hamburg, in einer gemeinsamen Gemeinde, prallten verschiedene Erwartungen, Glaubensstile und Denkweisen aufeinander.
Wir lernten damit umzugehen und sahen, dass interkulturelles Zusammenleben mehr bedeutet als sprachliche oder kulturelle Vielfalt. Es bedeutet, dass Generationen, Erfahrungen und Lebensformen sich gegenseitig herausfordern – und dabei wachsen.
Kirche ist Ort der Begegnung
Heute verstehen wir uns als „Kirche, in der Kulturen sich begegnen“. In unseren Gottesdiensten ist die Tradition der lutherischen Kirche spürbar, doch sie mischt sich mit koreanischer Emotionalität und einer besonderen Gebetskultur. Unsere jüngere Generation bewegt sich selbstverständlich zwischen beiden Kulturen. Für sie ist die Kirche kein Ort der Trennung, sondern der Begegnung.
Unsere Gemeinde zeigt, dass der Glaube Brücken schlägt – zwischen Sprachen, Generationen und Lebenswelten. Mitten in einer vielfältigen Stadt bezeugen wir, dass Einheit nicht im Gleichsein liegt, sondern in der Liebe, die uns in Christus verbindet.

Immer zum 3. Sonntag des Monats lesen Sie künftig eine Kolumne aus einer der Internationalen Gemeinden auf dem Gebiet der Nordkirche.
