Artikel teilen:

Kolumne: Biologie statt Ideologie

Die Biologie kennt viele Arten, die das Geschlecht ändern, erklärt Tash Hilterscheid in einer Kolumne. Es geht um mehr als Ideologie, wenn wir über geschlechtliche Identität sprechen.

Der Clownfisch wechselt das Geschlecht
Der Clownfisch wechselt das GeschlechtImago / Imagebroker

In meiner Funktion als Pfarrperson für queersensible Bildungsarbeit erzähle ich unter anderem von geschlechtlicher Vielfalt. Dass es also mehr gibt als nur zwei Geschlechter und sich das eigene Empfinden nicht immer mit dem Geschlecht deckt, das wir bei der Geburt zugewiesen bekommen.

Ich stoße mit dieser Perspektive auf Verwirrung, Ungläubigkeit und auch auf Widerstand. Ist doch bloß eine Art Trend, dass plötzlich so viele Menschen meinen, dass sie trans* oder nichtbinär sind. Das gabs doch früher nicht!

Nicht zu Allgemeinwissen geworden

Doch, das gab es schon immer. Und anders als oft behauptet, folgt diese Annahme keiner Ideologie, sondern diversen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Thema geschlechtlicher Identität. Verwirrend ist für mich eher die Tatsache, dass diese historischen und biologischen Belege nicht neu sind, aber dennoch nicht zu Allgemeinwissen wurden.

Ich fange an der Stelle gern mit der Tierwelt an, weil sich die meisten Menschen dann nicht selbst angesprochen oder angegriffen fühlen: In der Tierwelt ist geschlechtliche Vielfalt seit jeher ein fester Bestandteil. So sind beispielsweise Schnecken, Maulwürfe und Regenwürmer oft mit mehr als nur einem Geschlechtsmerkmal ausgestattet. Unnötig zu erwähnen, dass diese Tiere weder ausgeschlossen noch von anderen angegriffen werden.

Von Clownfischen und Seepferdchen

Auch unter Meerestieren gibt es unzählige inter- und transgeschlechtliche Tiere. Viele von ihnen wechseln im Laufe ihres Lebens ihr Geschlecht. Clownsfische beispielsweise. Zunächst wird eine Gruppe von Männchen von einem Weibchen geleitet. Wenn dieses verstirbt, wird eines der Männchen zum Weibchen. Der Vater in dem Film „Findet Nemo“ müsste also nach dem Tod des Weibchens bereits als transweiblich erscheinen. Aber diese Geschichten werden nicht erzählt. Und wenn, dann als amüsante Ausnahme.

Tatsächlich aber ist die Schwangerschaft eines männlichen Seepferdchens normal! Und das krampfhafte Festhalten an einer starren binären Geschlechterordnung unnatürlich. Denn die Schöpfung ist viel reicher! Und in ihrem Umgang mit Vielfalt sind Tiere uns weit voraus! So viel zum Thema „Krönung der Schöpfung“…!

Tash Hilterscheid ist die Pfarrperson für queersensible Bildungsarbeit der Nordkirche. Ab sofort schreibt Hilterscheid jeden Monat in einer Kolumne über queeres Leben.