King Charles und sein königlicher Käse

Über König Charles und „Brodowiner Königskäse“. Eine Glosse über nachhaltiges Leben mit königlichem Anspruch.

Charles III. am 30. März in Brodowin vor dem Käsekessel, aus dem der Käsebruch herauskam. Anschließend verteilten der König und sein Gefolge diesen mit den Händen in die Formen
Charles III. am 30. März in Brodowin vor dem Käsekessel, aus dem der Käsebruch herauskam. Anschließend verteilten der König und sein Gefolge diesen mit den Händen in die FormenBritish Embassy/Ivana Ross-Brookbank

Die Öko-Kiste aus dem Brandenburger Dorf Brodowin bringt in aller Frühe ein Mensch im weißen Lieferwagen. Er hat abgearbeitete Hände und wohl eher rotes als blaues Blut. Das braucht er auch nicht, um die grüne (!) Box vor meiner Tür abzustellen, bevor er zu anderen Großstädtern weiterrast. Charles III. seinerseits kam Ende März bei seinem Berlin-Besuch nicht im Liefer­wagen, obwohl auch er bis vor Kurzem einen Biobauernhof bewirtschaftete, in Gloucestershire. Die Bio-Landwirtschaft ist sein Hobby, und Charles ein Pionier der Nachhaltigkeit.

König im Ökodorf

Deshalb wollte er auch, anders als andere Hauptstadtbesucher, ­lieber kein Berliner werden. Nach einer Stippvisite in Bellevue reiste der König direkt weiter ins Ökodorf Brodowin. Vorher musste er nur noch rasch eine Rede im Deutschen Bundestag halten. Schließlich hat man Pflichten als Majestät, man kann nicht nach Herzenslust in der Erde rumbuddeln. Obwohl er kürzlich seinen Garten in Sandringham umgrub. Alles für die Artenvielfalt. Er ist wirklich sympathisch, dieser Monarch, ein wahrhafter König des Klimas, der denn auch mit der Bahn nach Hamburg weiterreiste.

Zuvor jedoch hatte er den besagten Termin in der Molkerei. Um den „Brodowiner Königskäse“ herzustellen. Der „wird rund acht ­Wochen brauchen, um zu reifen“, informiert das Ökodorf auf seiner Webseite, soll „ein Emblem in Form einer Krone tragen und täglich von Hand gepflegt werden.“ Zur Königskrönung ist er noch nicht ganz ­fertig, und ich als Demokratin sollte wohl, statt mich für königlichen ­Käse zu begeistern, feste schimpfen auf alles adlige Getue. Gibt es nichs Wichtigeres zu tun?

Ehemänner wechselten, die grüne Kiste blieb

Doch als Kundin der ersten Stunde bin ich befangen. Brodowiner ­Lebensmittel sind seit der Familiengründung ein Teil meines Lebens; Wohnungen und Ehemänner wechselten, Kinder verließen das Haus – die grüne Kiste blieb, mit leckeren Äpfeln von bewahrenswerten Bäumen, Roter Bete aus giftfreien Beeten und fetter Milch von glück­lichen Kühen. Schließlich habe ich als Preußin Wiedergutmachung zu leisten – denn hatte nicht einst der Alte Fritz, Gott hab‘ ihn selig, das Oderbruch trockenlegen lassen, um Weideland zu gewinnen? Aus ­heutiger Sicht eine unökologische Entscheidung.

Charles will es besser machen, das spürt man. Er kann ja nichts ­dafür, dass er nur König geworden ist, und kein Bauer. Man kann sich ­sowas nicht aussuchen. Deshalb bin ich nachsichtig. Und stolz, wenn Seine (oder heißt es Ihre?) Majestät feierlich das Zepter überm Käse schwingt und verkündet: „Ich bin ein Brodowiner!“ Hoffentlich kommt er bald mal wieder zu uns nach Preußen. Wenn der Käse reif ist.